Tatsächlich ist es eher unwahrscheinlich, dass bereits beschlossene Maßnahmen wie etwa das Verkaufsverbot für Neuwagen mit Verbrennungsmotor oder der reformierte Zertifikatehandel noch einmal angefasst werden, meinen Analysten. Aber ein mögliches Erstarken von Gegnern der Klimamaßnahmen wirft dennoch Fragen auf. Die Analystin Susi Dennison, Senior Policy Fellow beim European Council on Foreign Relations (ECFR), rechnet damit, dass ein Rechtsruck die Gesetze für den Klimaschutz erheblich verändern würde. "Es wird nicht mehr einfach sein, in dieser Richtung eine Mehrheit zu erreichen, und es wird generell viel mehr Bedarf geben, die extreme Rechte einzubinden", meint Dennison. Wenn die rechten Parteien allerdings so fragmentiert bleiben, wie sie es bisher gewesen sind, meint Schenuit von der Stiftung Wissenschaft und Politik, dann sei das Risiko für die Klimapolitik "nicht allzu groß". Dann komme es mehr darauf an, was die Parteien machten, die den Green Deal bisher unterstützt haben. "Wir sollten viel stärker den Fokus darauf richten, was eigentlich die Bruchstellen in den jeweiligen Parteien und zwischen diesen Parteien sind." Denn nach den Wahlen bleibt in Sachen Green Deal noch viel zu tun. So müsse man sich vor allem auf das Klimaziel für 2040 einigen. Im Februar hatte die aktuelle EU-Kommission bereits eine Empfehlung dafür abgegeben: 90 Prozent weniger Emissionen bis 2040 im Vergleich zum Stand von 1990 lautete die. Doch das wäre ein ambitioniertes Projekt. Das 2040-Ziel wird der erste Test für die Mehrheiten, die wir nach den Wahlen sehen, meint Schenuit. "Wir werden einen ersten Eindruck davon bekommen, wie die Kommission sich aufstellen will und wir sehen dann auch, wie die Mehrheiten im Europäischen Parlament und unter den Mitgliedstaaten sein werden, weil das ein Gesetzgebungsprozess ist, in dem das Klimaschutzgesetz verändert wird." Der offizielle Gesetzesvorschlag werde für 2025 erwartet, die Umsetzung dann für 2026. Die große Frage in Sachen Klimapolitik ziele also auf die Frage, wie die nächste Phase von 2031 bis 2040 gestaltet werden solle. Die kurzfristigere Klimapolitik bis 2030 sei gesetzgeberisch beschlossen, so der Forscher.
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