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vom 21. März 2025

Neue Regierung, alte Aufgabe: Wirtschaft braucht Anpassung

von Kristin Kielon
Hallo in die Runde,
 
heute lacht uns fast überall im Land die Sonne ins Gesicht - oh wie schön ist der Frühling! Ja okay, vielleicht ist es mancherorts etwas sehr warm für Ende März, aber immerhin war ja gestern kalendarischer Frühlingsbeginn. Da könnte man fast übersehen, dass in Südspanien schon wieder schwere Überschwemmungen sind. Ach, da haben Sie noch nichts von gehört? Offenbar gehen solche Ereignisse im aktuellen Strom der katastrophalen Nachrichten einfach unter. Oder sie sind eben das neue Normal. Der Mensch gewöhnt sich ja bekanntlich recht schnell an vieles.

Es war aber auch eine aufregende Nachrichtenwoche! Die Klimaneutralität hat es ins Grundgesetz geschafft, wenn auch nicht als Staatsziel, aber immerhin. Und besonders bemerkenswert: Wie Friedrich Merz im Bundestag die 100 Milliarden Euro fürs Klima vor der AfD mit der Relevanz des Themas verteidigte - und alles nur, um das gesamte Finanzpaket durch den Bundestag zu bekommen. Aber wie der Weg auch gewesen sein mag: Wichtig ist, dass diese Summe investiert werden kann. Denn im neuen Normal sind mehr Investitionen in die Klimaanpassung unabdingbar. Und damit sind wir auch schon beim Thema der heutigen Ausgabe. 

Aber erstmal zur...

ZAHL DER WOCHE

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… Millionen Euro will das Land Niedersachsen dieses Jahr in den Küstenschutz investieren. Damit sollen unter anderem Deiche erhöht und neu gebaut sowie Dünen auf den Nordseeinseln gesichert werden. Außerdem müsse auf Langeoog und Norderney in diesem Sommer neuer Sand aufgespült werden, damit die Inseln nicht kleiner werden. Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer von den Grünen forderte erneut mehr Investitionen vom Bund in den Küstenschutz. Man rechne an der Nordseeküste bis zum Jahrhundertende mit bis zu 1,10 Meter Meeresspiegelanstieg, so Meyer.

Langfrist-Strategie:  Wirtschaft setzt Klimaanpassung auf To Do-Liste

100 Milliarden Euro für den Klimaschutz haben die Grünen der Union und der SPD in den Verhandlungen über das schuldenfinanzierte Milliardenpaket abgerungen. Sie sollen zusätzlich in den Klima- und Transformationsfonds fließen, aus dem bereits Milliardenhilfen für die Gebäudesanierung oder den Umbau der Industrie gezahlt werden. Tatsächlich sind diese 100 Milliarden Euro zusätzlich bedeutsam, was aber nach wie vor fehlt, ist eine langfristige Strategie zur Anpassung an das sich verändernde Klima. Wirtschaftsforschungsinstitute wie das ifo Institut fordern eine solche Anpassungsstrategie

Und auch beim arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft (IW) ist der Tenor angesichts der zu erwartenden Klimafolgekosten: Jeder zusätzliche Euro für den Klimaschutz sei sinnvoll investiert. "Damit Energiewirtschaft, Industrie, Fahrzeuge und Heizungen weniger CO2 und andere Treibhausgase ausstoßen, sind in aller Regel zunächst Investitionen notwendig", heißt es vom IW Köln.

Klimafolgen kosten Hunderte Milliarden

In der Wirtschaft ist man sich wohl bewusst, dass auf der einen Seite die Emissionen gesenkt werden müssen, es aber vor allem auch Anpassung an das sich verändernde Klima braucht. Immerhin gehen selbst die optimistischsten Szenarien davon aus, dass der Klimawandel weitergehen bzw. die Folgen teils erhalten bleiben werden. Und das wird teuer – für den Staat, aber auch für Unternehmen und Haushalte. Diese Kosten könnten durch eine umfassende Anpassungsstrategie reduziert werden, so die Hoffnung. 

Wie teuer es werden könnte, zeigen Prognosen. Einer Untersuchung des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung, Prognos und der Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung zufolge summieren sich die wirtschaftlichen Folgekosten für Deutschland bis zum Jahr 2050 auf mindestens 280 bis 900 Milliarden Euro – je nachdem wie stark der Klimawandel sich fortsetzt. Dabei steigen die Kosten im Zeitverlauf immer stärker an, so die Forschenden.
Das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) beziffert den Einkommensverlust der Weltwirtschaft bis 2050 selbst bei drastisch sinkenden Emissionen auf 19 Prozent. Die Schäden seien sechsmal höher als die Vermeidungskosten zur Begrenzung der globalen Erwärmung auf zwei Grad. "Es kostet uns viel weniger, das Klima zu schützen, als dies nicht zu tun – und zwar selbst dann, wenn man nur rein wirtschaftliche Auswirkungen berücksichtigt und weitere Folgen wie die Verluste von Menschenleben oder der biologischen Vielfalt außen vor lässt", so PIK-Forscherin Leonie Wenz. 

Andere Prioritäten ändern nichts an Dringlichkeit

Die Wirtschaftswissenschaftlerinnen und –wissenschaftler vom ifo Institut schreiben der neuen Bundesregierung also eine Anpassungsstrategie ins Aufgabenbuch – allen anderen Herausforderungen zum Trotz. "Es ist klar, dass sich Prioritäten vor allem jetzt kurzfristig verschieben, das ist auch vernünftig so", sagt ifo-Forscherin Maria Waldinger. "Aber das darf keine Entschuldigung dafür sein, dass man mittel- oder langfristig dieses Thema außer Acht lässt."

Aber was macht das Thema Klimaanpassung so relevant für die Wirtschaft? "Der Klimawandel geht einher mit extremen Wetterereignissen, die konkrete wirtschaftliche Schäden verursachen", so die Forscherin. Und auch sie betont: Die Kosten für diese Investition seien deutlich geringer, als später einen Wiederaufbau finanzieren zu müssen.

Und dann seien da die konkreten Auswirkungen durch extremes Wetter: "Hitzewellen haben einen direkten Einfluss auf die Produktivität von Arbeitern, die körperlich hart arbeiten, und auch von Arbeitern, die kognitiv hart arbeiten", sagt Waldinger. Studien hätten gezeigt, dass auch Menschen, die in klimatisierten Büros arbeiteten, bei extremer Hitze in ihrer Arbeitsleistung beeinträchtigt seien.

Außerdem existiert die deutsche Wirtschaft nicht im luftleeren Raum, ganz im Gegenteil ist vieles global vernetzt. Deshalb seien ganze Lieferketten in Frage gestellt, erklärt Waldinger. "Können Zulieferländer noch liefern, wenn Infrastruktur ausfällt? Funktioniert dann noch die Just-in-time-Produktion?" Die Unternehmen seien sich der globalen Dimension natürlich bewusst.

Anreize und Regulierung durch die Politik

Die deutsche Wirtschaft sieht die Notwendigkeit zur Anpassung, betont Waldinger. Und die werde ja auch zum großen Teil von privaten Akteuren getragen. "Unternehmen spielen dabei eine entscheidende Rolle, weil sie entscheiden müssen: An welcher Stelle lohnt sich für mich die Anpassung an bestimmte klimatische Veränderungen?"

Um diesen Prozess gesamtgesellschaftlich sinnvoll zu steuern, brauche es einen Rahmen und Anreize, sagt die Forscherin und verweist beispielhaft auf die Hochwasserereignisse der letzten Jahre. "Natürlich ist es, wenn sowas zum ersten Mal passiert, wichtig, dass die Politik einspringt, aber das kann kein Langzeitmodell sein." Wenn man etwa alle Häuser wieder an derselben Stelle aufbaue, dann sei die Gefahren auch immer noch genau die gleiche. "Und das sollte die Politik nicht noch fördern." So könnten etwa teurere Versicherungsprämien dazu eingesetzt werden, dass Menschen lieber kein Haus mitten in einem Hochwassergebiet bauten.

Die zweite wichtige Aufgabe der Politik sei die Regulierung. Studien belegten die Beeinträchtigung von Mitarbeitenden in Hitzewellen. Auf dem Bau zum Beispiel gäbe es dann mehr Unfälle, so Waldinger. "Allerdings zeigt diese Studie auch, dass erstaunlich wenig von den Unternehmen gemacht wird, um dem entgegenzuwirken. Da muss ein Lernprozess stattfinden." Die Unternehmen müssten nämlich erst einmal erkennen, dass es in solchen Zeiten hilfreich sei, zum Beispiel Wasser und Schatten zur Verfügung zu stellen. "Und da kann der Staat reingehen und sagen: Bevor sich jedes Unternehmen das einzeln überlegt hat, erlassen wir Regulierungen, um nicht nur unsere Wirtschaft zu schützen, sondern auch die arbeitende Bevölkerung", so die Forscherin.

Und schließlich brauche es den Staat auch für die Bereitstellung öffentlicher Infrastruktur. Städte, Straßen und Brücken müssten angepasst werden, um der Wirtschaft die nötigen Grundlagen zu liefern. Und nicht zuletzt seien auch Informationen essenziell: "Informationsbeschaffung ist für jedes Unternehmen eine teure Angelegenheit und sehr viel Arbeit", sagt ifo-Forscherin Waldinger. Deshalb müsse man Informationen zentral sammeln und teilen. "Der Deutsche Wetterdienst zum Beispiel betreibt schon Hitzewarnsysteme und solche Informationen brauchen die Privathaushalte und Unternehmen, um sich auf Auswirkungen des Klimawandels einzustellen."

Triebfeder Eigeninteresse

Die Wirtschaft dränge also nicht aus ethischen oder moralischen Gründen auf Klimaanpassung, sondern aus Eigeninteresse. Waldinger verweist beispielhaft auf den Finanzsektor: "Hier ist das Interesse, zukünftige Risiken abzuschätzen. Die wollen einfach verstehen, wie ihre Investitionen betroffen sein könnten." Die Unternehmen könnten es sich gar nicht leisten, die Klimakrise zu ignorieren.

Termine

Freitag 21. März bis Samstag, 22. März – Weimar
In Weimar finden anlässlich des internationalen Wassertags (22. März) die Fluss-Film-Tage statt. Dabei geht es unter anderem um Themen wie sauberes Wasser und Gewässerschutz. Im Anschluss an die Filme gibt es Diskussionsrunden mit Fachleuten. Das Programm im Kino 'mon ami' gibt es hier.
Samstag, 22. März – weltweit
Mit der "Earth Hour" will der World Wide Fund For Nature (WWF) ein Zeichen für Klima- und Umweltschutz setzen. Rund um den Globus gehen deshalb um 20:30 Uhr Ortszeit unter dem Motto "Licht aus. Stimme an. Für einen lebendigen Planeten." für eine Stunde die Lichter aus. Weltweit beteiligen sich zahlreiche Städte an der Aktion - welche in Ihrer Nähe dabei sind, erfahren Sie hier.
Montag, 24. März – Dessau-Roßlau
Im Rahmen der Vortragsreihe "UBAwegs" laden die Fachleute des Umweltbundesamtes und des Wissenschaftlich-Technischen Zentrums Roßlau zur Veranstaltung "Unsere Zukunft mit Wasserstoff" ein. Dabei gibt es erst Einblicke in den Stand der Entwicklung, anschließend ist Raum für Fragen und Dialog. Hier erfahren Sie mehr dazu.
Freitag, 28. März bis Sonntag, 30. März – Leipzig
In Leipzig ist wieder Buchmesse-Zeit und damit geht auch die Klimabuchmesse in die fünfte Auflage. Unter dem Motto "Lust auf Zukunft" wollen die Veranstalter Hoffnung machen. An verschiedenen Orten in der Stadt gibt es Vorträge, Gesprächsrunden und natürlich Lesungen. Hier finden Sie das Programm.

Klima und Menschheit

Weltwetterbehörde: Klimawandel-Folgen teils für Jahrhunderte unumkehrbar
Den Vereinten Nationen zufolge hat sich der vom Menschen verursachte Klimawandel im vergangenen Jahr deutlich beschleunigt. Bestimmte Folgen der Erderwärmung würden über Hunderte, wenn nicht Tausende von Jahren unumkehrbar sein, heißt es in einem neuen Bericht der Weltorganisation für Meteorologie (WMO). Beim Klima handle es sich um ein träges System: Der Trend zu immer höheren Temperaturen würde auch noch jahrzehntelang anhalten, wenn - was extrem unwahrscheinlich sei - keine Treibhausgase mehr durch den Menschen ausgestoßen werden würden.

Mehr dazu lesen Sie bei MDR Wissen.
Karibik: Tropenstürme nehmen in letzten Jahrzehnten deutlich zu
Ein Bohrkern aus Mittelamerika liefert neue Erkenntnisse über die Klimageschichte der Karibikregion in den letzten 5.700 Jahren. Forschende konnten mit der Analyse der Sedimentschichten zeigen, dass Sturmereignisse langfristig zugenommen hätten. Allerdings seien Tropenstürme vor allem in den letzten Jahrzehnten um ein Vielfaches häufiger vorgekommen als zuvor. Der 30 Meter lange Bohrkern stammt aus dem "Great Blue Hole" - einem bis zu 125 Meter tiefen Loch mit etwa 300 Meter Durchmesser in einem ansonsten sehr flachen Atoll vor der Küste von Belize. 

Die Publikation ist im Fachmagazin Science Advances erschienen.
Klimaforscher bleiben trotz Trump optimistisch
US-Präsident Trump torpediert Klimaschutz und Klimaforschung. Ist der Kampf gegen die Erderwärmung verloren? Der Leipziger Forscher Karsten Haustein ist überzeugt: auf keinen Fall. Obwohl mit den USA ein ganzer Staat als Verbündeter im Kampf gegen den Klimawandel politisch wegbreche, sei die wirtschaftliche Realität eine andere. So gehe etwa der Ausbau von Wind- und Solarstrom global rasant weiter. 

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ARD, ZDF und DRADIO

Langzeit-Podcast: Tschüss Kohle, hallo Zukunft!

In der vierten Staffel treffen Britta Veltzke und Ralf Geißler wieder Menschen aus dem Mitteldeutschen Revier. Wie verändert der Kohleausstieg ihr Leben? Und was kommt nach der Kohle? Eine Langzeitbeobachtung in Podcast-Form.

Lausitz will erstes Net Zero-Valley werden

Die Lausitz will die erste klimaneutrale Modell-Region (Net Zero Valley) in Europa werden, die Bewerbung haben die Länder Sachsen und Brandenburg in Brüssel eingereicht. Was genau dahinter steckt, erklärt der Europaabgeordnete Matthias Ecke.

Felix Neureuther: Alpentourismus in Gefahr?

Eisschmelze, Wassermangel, Energie: Der Klimawandel verändert auch die Alpen. Doch nicht nur die Landschaft ist dadurch bedroht, sondern auch die Lebensgrundlage der Menschen, die vom Tourismus und der Natur in dieser Region leben.

👋 Zum Schluss

Kommt jetzt also der große Sprung in Sachen Klimaanpassung? Man darf zumindest etwas Optimismus schöpfen - vor allem, wenn man bedenkt, mit welchen anderen Herausforderungen und Krisen der Klimawandel in Politik und Gesellschaft konkurriert. 

Und wenn Ihnen das alles viel zu viel wird - absolut verständlich - dann einfach mal raus an die frische Luft, solange die Temperaturen frühlingshaft zweistellig sind. Das verbessert die Laune - versprochen! Ich mache jetzt jedenfalls als allererstes das Fahrrad wieder fit. Wenn Sie es mir gleichtun wollen, gibt es hier noch ein paar hilfreiche Tipps. Gute Fahrt wünsche ich Ihnen!

Beste Frühlingsgrüße von
Kristin Kielon

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