In einem Gramm Erde leben rund 100 Milliarden Mikroorganismen. Würde es sie nicht mehr geben, gäbe es also keinen Abbau von organischer Substanz, keine Mineralisierung und auf absehbare Zeit auch kein Pflanzenwachstum mehr. Doch ausgerechnet der komplexe Lebensraum Boden reagiert sensibel auf äußere Einflüsse wie Trockenheit oder Temperaturanstieg. Aber auch in den Meeren sind die Kleinsten in der Mehrheit: Sie bilden rund 90 Prozent der Biomasse in den heutigen Ozeanen (Phytoplankton). Mikroorganismen beeinflussen also allein schon durch ihre schiere Masse das Klima.
Sie spielen auch deshalb eine entscheidende Rolle, weil sie Treibhausgase ausscheiden oder konsumieren können. Eines dieser Gase ist Methan – das zweitwichtigste Treibhausgas nach CO2. Mikrobiologin Nadine Präg von der Universität Innsbruck hat sich mit dem Wechselspiel zwischen Methan produzierenden Mikroorganismen und Methan konsumierenden beschäftigt. "Dieses dynamische Zusammenspiel ist besonders relevant im Hinblick auf die Klimaveränderungen und wie Temperaturänderungen den Methankreislauf im Boden beeinflussen können", sagt sie. Konkret seien die beteiligten Organismen sogenannte Archaeen.
"Wir haben praktisch spezielle Gruppen von Mikroorganismen, die eine ganz tragende Rolle für den Ausstoß von Treibhausgasen spielen." (Prof. Dr. Jörg Overmann, DSMZ)
"Die Methan-produzierenden Archaeen fühlen sich in sauerstoffarmen, verdichteten Böden sehr wohl. Typische Habitate, die diese Bedingungen bieten und wo Methan in großen Mengen produziert wird, sind Feuchtgebiete, Reisfelder und auch Wiederkäuer. Methan kann aber auch von bestimmten Mikroorganismen aufgenommen und verstoffwechselt werden, was sie zur einzigen biologischen Senke für Methan macht." Die bräuchten aber Sauerstoff, um ihre Funktion zu erfüllen und fühlten sich deshalb in lockerem Waldboden wohl. Damit sitzen sie in den oberen Bodenschichten, während die Methan-produzierenden Archaeen in tieferen Schichten sind. Das heißt, die einen oxidieren das Methan der anderen und bremsen somit die Freisetzung des Treibhausgases. "Die Balance zwischen diesen beiden Mikroorganismengruppen ist daher entscheidend für die Regulierung des Methankreislaufs im Hinblick auf den Klimawandel“, erklärt Mikrobiologin Präg.
Auch der wissenschaftliche Direktor der Deutschen Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen (DSMZ), Jörg Overmann, weist auf die große Bedeutung der Kleinstlebewesen auf die Methanproduktion hin. Schätzungsweise würde bis zu 90 Prozent des Methans von Archaeen produziert, sagt er. Wenn die Klimaerwärmung sie irgendwie beeinflusse, habe das sofort Auswirkungen auf die Methanfreisetzung – ein Treibhausgas, das immerhin 25 Mal so stark sei wie Kohlendioxid (CO2).
Noch größer sei aber das Problem mit dem Distickstoffoxid – auch Lachgas genannt. Das ist dem Umweltbundesamt zufolge ein Treibhausgas, das rund 265-mal so klimaschädlich ist wie CO2. Eine Hauptquelle für Lachgas seien stickstoffhaltige Düngemittel in der Landwirtschaft und die Tierhaltung. Und hier kommen die Mikroorganismen wieder ins Spiel, denn sie sind zentral für den Stickstoffkreislauf im Boden, erklärt Overmann. "Wenn zu viel Stickstoffverbindungen - insbesondere Nitrat und Ammonium - ins Grundwasser gelangen, kommt es dort dann zur Denitrifikation", erklärt er. Bei der Denitrifikation wird Nitrat zurück in gasförmigen Stickstoff umgewandelt. |