Das klingt, als könnte das Stroh-Biogas eine entscheidende Rolle in der Energiewende spielen. Doch da ist Jan Seven, Experte für Erneuerbare Energien beim Umweltbundesamt (UBA) zurückhaltend. "In den Szenarien des UBA kommt Biogas nur als Teillösung und zwar in aufbereiteter Form als Biomethan in größeren, schnell anlaufenden Gaskraftwerken vor. Dabei zweifelt der UBA-Fachmann nicht die Möglichkeiten an und betont, dass Biogas eine gute Technologie mit vielen Vorteilen sei, aber dennoch ordnet er die Potenziale deutlich zurückhaltender ein. Zum Beispiel beim Thema Wasserstoff: "Klar kann ich aus Biogas Wasserstoff machen und ich kann mit Wasserstoff mehr Biogas in Biogasanlagen produzieren. Das lässt sich alles verfahrenstechnisch sicherlich darstellen. Die Frage ist, ob es Sinn ergibt im Energiesystem."
Und dann ist da noch die Frage nach der Verfügbarkeit. Gibt es wirklich so viel Stroh, das ungenutzt als Reststoff herumliegt? "Daran, ob der Rohstoff tatsächlich in der verlässlichen Menge nachhaltig zur Verfügung steht, haben wir so unsere Zweifel." Zumal es beim Stroh bereits Konkurrenz gibt: Auch andere Branchen interessieren sich für den Reststoff, erklärt Seven: "Wir haben inzwischen Anfragen aus allen industriellen Bereichen, also von der chemischen Industrie, der Papierindustrie, der Zellstoffindustrie." Deshalb müsse man sich schon heute entscheiden, wie der Reststoff künftig am sinnvollsten genutzt werden sollte, so UBA-Experte Seven. Allerdings gebe es aus UBA-Sicht ein deutliches Argument gegen die stofflich-energetische Nutzung von Stroh: "Wenn eine langfristige stoffliche Nutzung solcher Rohstoffe möglich ist, genießt die Vorrang", sagt er. "Wenn jemand aus dem Stroh im großen Stil Dämmmaterialien machen würde, die sehr energieaufwendige fossilbasierte Stoffe ersetzen, dann wäre das Stroh noch Jahrzehnte in dieser gebundenen Form sinnvoll genutzt und ich würde den Kohlenstoff nicht gleich über eine Verbrennung wieder in die Luft pusten."
Denn natürlich entstehen auch beim Biogas Treibhausgase, wenn es verbrannt wird. Klar, der Effekt ist nicht so gravierend wie bei fossilem Gas, da die Kohlenstoffe ja zuvor in der Pflanze gebunden waren, aber klimaneutral ist das natürlich nicht. Dennoch gibt es Unterschiede: Biogas aus Reststoffen sorgt für deutlich weniger Emissionen als klassisches Biogas. Grund dafür ist vor allem, dass die Emissionen aus dem Anbau wegfallen, erklärt UBA-Experte Seven. "Die Emissionen von Biogas aus Abfall sind etwa halb so groß wie die Emissionen von Biogas, das aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt wird. Wir haben hier Werte von 12 bis 14 g CO2 pro Megajoule Biogas aus Abfällen und Reststoffen und die stehen Emissionen von 26 bis 29 g CO2 pro Megajoule Biogas aus Anbaubiomasse gegenüber." Die fossilen Energieträger verursachen Forscher Stinner zufolge allerdings das Fünffache an Treibhausgasemissionen im Vergleich zu Biogas. |