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#166
vom 8. November 2024

Was bedeutet Trump 
für das Klima? 

von Klaus Brinkbäumer

Hallo und guten Morgen, liebe Leserinnen und liebe Leser,

und sehr verfrüht auch schon ein erholsames Wochenende – nach dieser besonderen Woche und diesem historischen Mittwoch.

Jenem Mittwoch, an dem in Sachsen die Regierungsbildung scheiterte und in Berlin die (mehr oder weniger) amtierende Regierung, jenem Mittwoch auch, an dem klar wurde, dass Donald Trump der 47. Präsident der USA sein wird – und nicht Kamala Harris die erste Präsidentin der amerikanischen Geschichte.

Was wird er tun?

Wir kennen diesen Trump, denn er war, nach Barack Obama und vor Joe Biden, bereits der 45. Präsident der USA. Wir wissen, dass er internationale Abkommen verachtet, internationale Organisationen auch und komplizierte Probleme ohnehin.

Was also bedeutet eine erneute Trump-Präsidentschaft für das Klima?

Anmerkung der Redaktion: Wir haben den ausgewiesenen USA-Experten Klaus Brinkbäumer um diese Einschätzung gebeten, daher begleitet er Sie diese Woche durch das Klima-Update. 

ZAHL DER WOCHE

2,6

… Prozent weniger CO2 Emissionen im Vergleich zu 2019: Das könnte die Menschheit bis 2030 erreichen, wenn sie alle bisher vereinbarten Klimaziele umsetzt (National Determinded Contributions, kurz: NDCs). Soweit die nüchterne Bilanz des UN- Klimasekretariats. Zum Vergleich: Um die Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, müssten die Emissionen 2030 um 43 Prozent geringer sein. Immerhin: Die 2,6 Prozent sind besser als die 2,0 Prozent vom vergangenen Jahr. Die Klimaanstrengungen der Welt werden also stärker – nur nicht schnell genug. Interessanter Zufall: 2,6 ist auch der Wert der Erwärmung in Grad Celsius, der laut dem aktuellen Emissions Gap Report bis zum Ende des Jahrhunderts herauskommt, wenn die Menschheit nicht mehr unternimmt als bisher angekündigt.

Ein dunkles Zeitalter für die Umwelt bricht an

Im amerikanischen Wahlkampf spielte das Klima keine Rolle. Oder, und das ist traurig genug, das Klima spielte lediglich eine indirekte Rolle. Wenn Donald Trump vom aufziehenden „goldenen Zeitalter“ Amerikas spricht, meint er die Wirtschaft, steigende Einkommen vor allem, aber auch die uneingeschränkte Förderung fossiler Brennstoffe. Nach allem, was wir wissen, glaubt Trump nicht an den Klimawandel, das jedenfalls sagte er vor und während seiner ersten Präsidentschaft. Im Wahlkampf 2024 spottete er über das Thema: „Es wird etwas mehr Grundstücke am Wasser geben, okay?“

Was er außerdem sagte: „Ich will die sauberste Luft und das sauberste Wasser.“

Jedoch: Was er tut, was er getan hat, was er nun vorbereiten lässt, das war und ist etwas ganz und gar anderes.

Austritt aus dem Parises Klimaabkommen?

Der einstige Präsident Trump, 2016 gewählt, machte die USA zur einzigen Nation der Welt, die sich nach einstigem Eintritt aus dem Pariser Klima-Abkommen wieder zurückzog (195 Nationen sind derzeit Unterzeichner). Joe Bidens USA kehrten in die Gemeinschaft zurück. Donald Trumps USA werden erneut austreten. Und so vergeht Zeit, vergehen wichtige Jahre.

Trumps Beauftragte haben sämtliche Vorschriften zur Verringerung der Verschmutzung durch fossile Brennstoffe abgeschafft oder aufgeweicht. Insgesamt verschwanden über 100 Gesetze und Regelungen. Das Team Biden hat nahezu alle Gesetze und Maßnahmen wiederhergestellt, teilweise gar verschärft - und eben darum hat Trump im Wahlkampf viele Millionen Dollar von der fossilen Energieindustrie erhalten.

Trump kann jetzt Obamas Umweltpolitik ausradieren

Was also wird nach dem 20. Januar 2025, nach der Amtseinführung, geschehen? 

Trumps Spender wollen, dass eine während der Obama-Jahre verfasste offizielle Erklärung der Umweltbehörde EPA (wesentlicher Inhalt: Kohlendioxid-Ausstoß schadet der Gesundheit), die die Grundlage der meisten amerikanischen Klima-Gesetze ist, wieder ausradiert wird. Trumps Helfer gehen davon aus, dass damit das politische Hin und Her in Klimadingen enden wird, weil ja die Republikaner auch den Senat und wahrscheinlich das Repräsentantenhaus beherrschen und damit mutmaßlich durchregieren können; dies also könnte tatsächlich der Moment sein, in dem die genannten Gesetze und Regelungen durch bindende Abstimmungen auf Dauer verschwinden werden.

Denn sollte dieses Vorgehen juristisch attackiert werden, dürfte Trump ausnahmsweise gelassen bleiben. Er hat bereits drei konservative Richter, natürlich auf Lebenszeit, in den Obersten Gerichtshof berufen, und ein vierter und ein fünfter könnten in den kommenden Jahren folgen; die Mehrheit der Konservativen dürfte für mindestens zwei Jahrzehnte zementiert sein. Schon im vergangenen Juni hob der Oberste Gerichtshof die so genannte Chevron-Doktrin auf, die besagte, dass sich die Gerichte bei interpretierbaren Gesetzen auf das Fachwissen der Bundesbehörden verlassen mussten.

Hilfe für Opfer der Klimawandels? Unwahrscheinlich

Der erste Präsident Trump hat den landesweiten Schutz von Luft, Wasser, gefährdeten Arten, Nationalparks und Klima gleichsam abgeschafft. Behörden verloren ihre Etats, demokratisch regierte Bundesstaaten verloren die Unterstützung aus Washington. Trump drohte 2020 damit, Kalifornien nach katastrophalen Waldbränden jegliche Katastrophenhilfe zu verweigern, und beschuldigte den demokratischen Gouverneur Gavin Newsom, die Wälder lausig zu verwalten. „Er sagte uns, wir sollten den Menschen, deren Häuser bei einem Waldbrand abgebrannt waren, kein Geld mehr geben, weil er so wütend darüber war, dass die Menschen in Kalifornien ihn nicht unterstützten“, das sagte Miles Taylor, der damals Stabschef im Heimatschutzministerium war.

Nachdem der Hurrikan Maria 2017 in Puerto Rico die Stromversorgung lahmgelegt hatte, besuchte Trump San Juan und warf Papierhandtücher in die Menge der Überlebenden. Der Kongress stellte 20 Milliarden Dollar zur Verfügung, um der Insel zu helfen, aber Trumps Weißes Haus gab nur 1,5 Milliarden Dollar frei und behauptete, man könne der Regierung von Puerto Rico nicht trauen. Die Regierung Biden gab die restlichen 18,5 Milliarden Dollar frei.

Wissenschaftler werden mundtot gemacht, fossile Lobbyisten werden Schlüsselpositionen bekommen

Und Wissenschaftler verloren ihre Glaubwürdigkeit - weil Trump sie via Twitter (heute X) oder in Pressekonferenzen lächerlich machte und weil dann, in gelerntem und längst automatisiertem Opportunismus, jede Menge Gefolgsleute Trumps ihre Kampagnen der Diffamierung und Denunziation begannen.

„Trump ist der schlechteste Präsident für die Umwelt in der amerikanischen Geschichte“, das sagt Douglas Brinkley, Historiker an der Rice Universität, „eine zweite Amtszeit wird brutal sein. Er wird mit Vollgas versuchen, die grüne Bewegung zum Erliegen zu bringen und sie durch ein Amerika zu ersetzen, das mit Benzin und Kohle befeuert wird.“

Wenn wir zurückblicken auf die ersten vier Trump-Jahre, lernen wir auch etwas über Trumps Personalstrategie. Damals besetzte er zentrale Posten mit Leuten, die wissenschaftliche Erkenntnisse missachten. Bei der Umweltschutzbehörde EPA rückte der Kohlelobbyist Andrew Wheeler an die Spitze. Im Innenministerium wurde ein Öl-Lobbyist, David Bernhardt, zum Staatssekretär ernannt und hob sofort den Schutz für gefährdete Arten auf; dann öffnete er viele Millionen Hektar Land, gestern noch gesperrt, für Bohrungen. Nancy B. Beck, ehemalige Lobbyistin der chemischen Industrie, wurde zur obersten Aufseherin für Chemikalien und setzte sich vom ersten Tag an für eine Lockerung der Vorschriften für giftige und gefährliche Stoffe ein.

Wird es wieder so sein?

Nein.

Mutmaßlich wird es drastischer werden.

Effektiver.

Denn zum wesentlichen Merkmal der zweiten Ära Trump dürfte eine Art politischer Säuberung werden. Tausende von Beamten sollen entlassen werden, Tausende von Trump-Gefolgsleuten an deren Stelle rücken. Die Pläne liegen vor, die Vorbereitungen sind angelaufen.

Ich würde, so kurz vor dem Wochenende, sehr viel lieber etwas Positives vermelden. Aber in den USA rückt gerade eine Armee an, eine Armee gegen den Klimaschutz.

Termine

Mittwoch, 13. November – Magdeburg 

Der BUND lädt um 18 Uhr zu seiner Lesereihe "Öffentlicher Luxus" in den Offenen Kanal (Olvenstedter Str. 10). Vorgestellt werden Ideen dazu, wie öffentliche Güter zu einem kollektiven Wohlstand beitragen – statt die Natur der Profitsteigerung einer privaten Wirtschaft zu opfern.

Mittwoch, 13. November – Erfurt

Beim ThEGA-Forum wollen rund 40 Referentinnen und Referenten die über 300 Teilnehmenden über aktuelle Entwicklungen bei der Wasserstoffinfrastruktur in Thüringen, bei der kommunalen Wärmeplanung sowie die Chancen für mittelständische Unternehmen informieren. Das Tagungsprogramm finden Sie hier.

Mittwoch, 27. November – Halle

Bei den PV Days trifft sich die (mittel-)deutsche Solarindustrie auf Einladung des Fraunhofer-Centers für Silizium-Photovoltaik CSP. Mehr dazu hier.

Klima und Menschheit

Privatflüge: CO2 Emissionen seit 2019 fast verdoppelt
Superreiche die mit Privatjets fliegen haben 2023 mit ihren Maschinen 46 Prozent mehr CO2 verursacht also noch 2019. Das ist das Ergebnis einer Auswertung von Stefan Gössling und Kollegen von der schwedischen Linnaeus University. Die Mobilitätsforscher hatten die Daten von insgesamt über 18 Millionen in der Datenbank "ADS-B Exchange" aufgezeichneten Flügen analysiert. Die Ergebnisse kombinierten sie mit Angaben zum durchschnittlichen Treibstoffverbrauch der jeweiligen Maschinen. Demnach waren Privatflüge im Jahr 2023 für 1,8 Prozent der globalen Emissionen aus der Luftfahrt verantwortlich, obwohl diese Flüge nur einen Anteil von 0.0003 Prozent am weltweiten Luftverkehr hatten. Die meisten dieser Luftreisen dienten laut der Studie dem Freizeitvergnügen ihrer Besitzer, zudem wurden vor allem sehr kurze Strecken unter 500 Kilometer geflogen. Großevents, wie die Fußballweltmeisterschaft in Katar im Dezember 2022 oder die Klimakonferenzen, lösten besonders viele Privatflüge aus, so die Autoren der Studie, die in Communications Earth and Environment erscheint. 
1,5 Gradgrenze für 2024 wohl überschritten
2024 könnte aller Voraussicht nach das erste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen sein, das mehr als 1,5 Grad über dem vorindustriellen Zeitalter liegt. Davon geht der Klimawandeldienst des europäischen Erdbeobachtungsnetzwerks Copernicus aus. Den Prognosen zufolge könnten sogar 1,55 Grad erreicht werden. Die bereits seit Frühjahr 2023 anhaltende Rekordserie der globalen Oberflächentemperatur stellt eine außergewöhnliche Anomalie innerhalb der klimawandelbedingt ohnehin hohen Werte der vergangenen Jahrzehnte dar. Das Überschreiten von 1,5 Grad ist dabei nicht mit dem Scheitern der Klimaziele von Paris gleichzusetzen, die Erderwärmung auf unter zwei Grad und möglichst 1,5 Grad zu begrenzen. Das Abkommen orientiert sich am zwanzigjährigen Mittel.
Dürren im Westen der USA durch Klimaerwärmung statt fehlendem Regen
Eine neue Studie im Fachjournal Science Advances zeigt, dass die Erwärmung des Klimas Hauptgrund dafür ist, dass der Westen der USA seit dem Jahr 2000 immer häufiger Dürren erlebt. Wie das Team um Yizhou Zhuang auf der Basis von Messergebnissen zeigt, führten die gestiegenen Temperaturen zu einer größeren Verdunstung des Bodenwassers. Das habe in 61 Prozent der untersuchten Dürren die Lage verschärft. Ausbleibender Regen sei nur in 39 Prozent der Fälle das Hauptproblem gewesen.
Klimawandel: Die kleinsten Verursacher leiden am meisten
Bereits heute sind etwa 8,5 Millionen Menschen in kleinen Inselstaaten von Sturmfluten und Binnenhochwasser bedroht. Das entspricht etwa jedem fünften Bewohner (20 Prozent) dieser Länder. In drei Staaten, den Bahamas, Tuvalu und Guyana, wird dieser Anteil auf 60 Prozent steigen, wenn die Erwärmung und ihre Folgen weiter voranschreiten. Soweit das Ergebnis einer Berechnung von Leanne Archer von der University of Bristol in England. Zum Vergleich: In Europa und den USA werden voraussichtlich nur zwischen acht und 13 Prozent der Menschen von Fluten bedroht. 

ARD, ZDF und DRADIO

Wachsende Wüsten

23 Hektar Wüstenfläche entstehen neu – pro Minute! Es sind so genannte "menschengemachte Wüsten".

Wachstum muss enden

Grüne Industriepolitik wird das Klima nicht retten, denkt Politologe Thomas Rixen.

16 Shades of Klimawandel

Die Klimastreifen sollen die Klimaerwärmung visuell greifbar machen. In wenigen Jahren erlangten sie weltweite Symbolkraft.

👋 Zum Schluss

Die pessimistische Einschätzung unseres Gastautoren dürfte Ihnen ebensowenig gefallen, wie uns. Doch sie sollte uns aufrütteln. Es braucht Strategien, die Menschen davon zu überzeugen, dass Klima- und Umweltschutz keine milden Gaben an die Natur sind, sondern notwendige Mittel für das Überleben der Menschheit an sich. Diese Erkenntnis muss über eine zweite Amtszeit von Donald Trump hinweg gerettet werden.

Ihre Redaktion
des MDR-Klima-Updates

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