Es wird sie vielleicht wenig überraschen, aber eine Konsequenz ist erst einmal, mehr Frauen in Führungspositionen und mehr Männer in die Care-Arbeit zu bekommen. Doch die Probleme sind weitläufig, die Lösungsansätze ebenso. Sexismus am Arbeitsplatz muss eisern bestraft, Rollenbilder schon in den Kindergärten aufgebrochen werden – etwa durch männliches Personal. Es braucht gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit und mehr Elternzeit für die Väter. Klingt nicht neu, wirklich angepackt wird aber zu wenig.
In meiner Wahlheimat Norwegen gibt es viele dieser Dinge: Väter haben einen mindestens dreimonatigen Pflichtteil in der Elternzeit, den sie alleine mit Kind zu Hause bleiben, Frauen haben während der Arbeit stillfrei und arbeiten zu fast gleichen Teilen in Führungspositionen wie Männer. Und Kinder erfahren dadurch von klein auf, dass beide Eltern beides machen, auch wenn dadurch die Belastung für die Frauen in Norwegen steigt (mehr dazu erfahren Sie hier in einer
Reportage von MDR Aktuell). Trotzdem: Der positive Effekt für die Gesellschaft ist da, ermöglicht durch politische Maßnahmen, etwa die Frauenquote, deren Nichteinhaltung in Norwegen hart bestraft wird. Braucht es so etwas also auch in Deutschland?
Auch Jacqueline Klingen hat darüber nachgedacht, ist aber skeptisch: "Es gibt natürlich Studien, die zeigen, dass Frauen in Führungspositionen für die Gesamtwirtschaft besser sind. Aber wenn ich mir jetzt vorstelle, unter unveränderten Rahmenbedingungen in eine hohe Position zu kommen, mit der gesamten Verantwortung für Arbeit und Familie, dann wüsste ich nicht, wie das möglich sein soll."
Empowern heißt ermutigen und befähigen. Es sei entsprechend wichtig, dass die Politik die nötigen Rahmenbedingungen für selbstbestimmte Entscheidungen schafft: Dazu müssten falsche Anreize wie das Ehegattensplitting abgeschafft werden. Auch ein längerer Pflichtteil für Väter in der Elternzeit kann helfen, Väter zu ermutigen, eine aktivere Rolle einzunehmen und diese Rolle ein Stück weit Normalität werden zu lassen. Das wichtigste sei aber, dass Beruf und Sorgearbeit vereinbar sind, einerseits durch verlässliche und flächendeckende Betreuungsangebote, aber zum Beispiel auch durch eine Arbeitszeitverkürzung auf eine 32 oder 34-Stunden-Woche.
"Häufig wird vor allem in Führungspositionen davon ausgegangen, dass es kein Privatleben gibt, in dem es auch große Herausforderungen geben kann", so die Forscherin. Das anzuerkennen, sei aber ein extrem wichtiger Baustein. Mit flexiblen Arbeitsbedingungen und Arbeitszeitmodellen hätten alle Menschen in Deutschland mehr Zeit für sich und andere. Mehr Zeit für die Kinder, Zeit für die Gemeinschaft, Zeit für den Klimaschutz, Zeit für gesünderes Essen, Zeit für Sport, Zeit für mehr Verantwortung im Job oder einfach nur Zeit, abends mehr als nur ein paar Seiten im Buch zu lesen.