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Grüne Fläche mit leichtem Farbverlauf und Text Das MDR Klima-Update
Ausgabe #137
vom Freitag, 19. April 2024

Verfehlte Ziele und ein neues Gesetz: Da läuft was verkehrt beim Verkehr

von Kristin Kielon

Hallo zusammen,

also ich hab ja direkt das Fahrrad fit gemacht und mich schon fast ein bisschen darauf gefreut, mal über die Autobahn zu radeln – so wie Anfang der 1970er Jahre an den autofreien Sonntagen während der Ölkrise. Die Bilder von radelnden Menschen auf der leeren Autobahn fand ich schon immer faszinierend. Aber das wird nun nichts, die Sonntagsausfahrt über die A14 ist abgesagt. Zum Glück – werden Sie da jetzt vielleicht sagen, aber seien wir mal ehrlich: So richtig ernst war die Drohung von Bundesverkehrsminister Volker Wissing nicht zu nehmen. Keine Fahrt für freie Bürger! Was hätte das denn für eine Krise im Land der Autofahrer gegeben? So viel sprichwörtlichen Popo in der Hose hätte Wissing meiner bescheidenen Meinung nach wohl nicht gehabt. Clever war der Schachzug aus politischer Sicht vermutlich trotzdem. Und damit heißt es jetzt, neues Klimaschutzgesetz statt Sofortprogramm zur CO2-Reduktion.

Der Verkehr dürfte damit auch künftig eines der großen Problemfelder bleiben. Erst Anfang der Woche gab es dazu ja deutliche Worte vom Expertenrat für Klimafragen. Das Sachveständigengremium hat in seinem Prüfbericht zu den Emissionsdaten des Umweltbundesamtes festgestellt: 2023 hat der Verkehrssektor das dritte Jahr in Folge sein Klimaziel deutlich verfehlt. Statt den erlaubten 133 Millionen Tonnen Treibhausgase sind demnach im vergangenen Jahr 146 Millionen Tonnen ausgestoßen worden.

Schauen wir uns das Ganze also heute mal etwas genauer an. Was war da los in Sachen politische Muskelspiele? Warum das ganze Drama um mögliche Fahrverbote? Und was wäre wirklich nötig, um den Verkehrssektor klimafreundlicher zu machen? Fakt ist nämlich, dass sich mit dem neuen Klimagesetz und dem Wegfall der Budgets für die einzelnen Sektoren das Problem mit dem Verkehr nicht plötzlich in emissionsneutrale Luft auflöst.

Aber erstmal ein Blick auf die …

#️⃣ Zahl der Woche

19

… Prozent - also rund um ein Fünftel - wird die Weltwirtschaft durch die Folgen der Klimaerwärmung bis zur Mitte des Jahrhunderts schrumpfen. Das geht aus Berechnungen des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) hervor. Demnach drohen auch bei einer drastischen Senkung der Emissionen global rund 38 Billionen US-Dollar Schäden pro Jahr infolge der bisher ausgestoßenen Treibhausgase. Besonders stark betroffen sind den Forschenden zufolge die ärmsten und am wenigsten für den Klimawandel verantwortlichen Länder in Südasien und Afrika. Für Deutschland prognostizieren sie - ebenso wie für die USA - bis zur Mitte des Jahrhunderts ein Schrumpfen der Wirtschaft um elf Prozent, verglichen mit einem Szenario ohne Klimafolgen. Allerdings: Wenn es nicht gelinge, die globale Erwärmung auf unter zwei Grad zu begrenzen, drohten noch viel höhere Verluste. 

Das lange Ringen um das Sorgenkind Verkehr - und was dem Sektor wirklich helfen würde

Das war er also, der große Coup von Bundesverkehrsminister Volker Wissing: Wenn das neue Klimaschutzgesetz nicht endlich komme, dann werde es ab dem Sommer Fahrverbote an den Wochenenden geben müssen, so die unverhohlene Drohung. Aber Moment mal: FDP-Mann Wissing will ein neues Klimaschutzgesetz? Klingt vielleicht überraschend, ist es aber bei genauerem Hinsehen überhaupt nicht. Denn das Gesetz sieht die Abschaffung von Sektorenzielen vor und definiert nur noch ein Gesamtziel. Das heißt also für Wissings Verkehrssektor, dass die anderen ausgleichen können, was er nicht einspart.

Was bisher geschah: Das große Zerren um die Budgetfrage

Aber wie konnte es soweit kommen? Das bisher gültige Klimaschutzgesetz stammt noch von der Vorgängerregierung. Darin sind Zielvorgaben für die Sektoren vorgegeben. Bisher gilt, wenn einzelne Sektoren wie der Verkehrs- oder Gebäudebereich die gesetzlichen Vorgaben zum CO2-Ausstoß verfehlen, müssen die zuständigen Ministerien Sofortprogramme vorlegen. Und der Verkehrssektor hat sein Ziel verfehlt – und zwar seit Jahren. Deutschland gebe sich noch nicht einmal Mühe, die Ziele zu erreichen, lautete bereits vor zwei Jahren das Urteil des Expertenrats Klima. Verkehrsminister Wissing kassierte eine glatte Sechs für sein Sofortprogramm von dem Sachverständigengremium.

Ein angemessenes Sofortprogramm aus dem Verkehrsministerium gibt es bis heute nicht. Was es stattdessen gab, war viel Streit in der Ampel-Koalition über das Thema. Die Minister Volker Wissing (FDP) und Robert Habeck (Grüne) bekriegten sich über Wochen. Der Vorwurf: Der Liberale liefere kein tragfähiges Programm, wie er die riesige Lücke beim CO2-Ausstoß im Verkehr schließen will. Und Wissing keilte zurück: Er habe das bereits getan, jetzt sei Habeck mit konkreten Regelungen gefragt. Schon in der Hochphase des Streits Anfang vergangenen Jahres mahnte der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages, dass das Ausbleiben des Sofortprogramms ein Rechtsverstoß sei. 

Im Juni vergangenen Jahres dann die Einigung: Die Ampelkoalition vereinbarte einen Kompromiss und brachte eine Reform des Klimaschutzgesetzes auf den Weg. Damit soll die Einhaltung der Klimaziele künftig nicht mehr rückwirkend nach Sektoren kontrolliert werden, sondern in die Zukunft gerichtet, mehrjährig und sektorübergreifend. Wenn sich in zwei aufeinander folgenden Jahren abzeichnet, dass die Bundesregierung bei ihrem Klimaziel nicht auf Kurs ist, muss sie nachsteuern.

Mit der Gesetzesnovelle folgt die Ampel einem Denkansatz, der auf eine Kosten-Nutzen-Rechnung abzielt. Befürworter argumentieren, dass jahresgenaue Sektorziele zu Aktionismus und ineffizienten Maßnahmen hätten führen können, die hohe Kosten verursachen, aber wenig Nutzen bringen. Es müsse weniger um Sofortprogramme als um den langfristigen technischen Umstieg gehen, erklärte etwa Wirtschaftsforscherin Karen Pittel vom ifo Institut München bei der Tagesschau. Andere Akteure sehen in diesem Denkansatz allerdings eine Verwässerung der Klimaziele. So sagte etwa Martin Kaiser von Greenpeace Deutschland: "Unsere Hauptkritik ist, dass damit die rechtliche Verbindlichkeit für die einzelnen Sektoren ausgehebelt wird. Und im Wesentlichen Herr Wissing für seine Verkehrspolitik eine Lizenz zum Nichtstun bekommt."

Doch die Verhandlungen über die Gesetzesnovelle haben sich seit der Entscheidung für die Reform hingezogen. Insbesondere die Grünen hatten es dem Vernehmen nach offenbar nicht eilig. Strittig war demnach lange, welche Verantwortlichkeiten die Ressorts künftig noch haben, falls die Zielvorgaben bei der CO2-Einsparung verfehlt werden. Doch mit Wissings Fahrverbot-Drohung ist Schwung in die Sache gekommen: Nach der Einigung soll schon in der kommenden Woche über das neue Klimaschutzgesetz abgestimmt werden. Es sieht dann eine Gesamtreduktion von 65 Prozent der Emissionen bis 2030 im Vergleich zu 1990 und 88 Prozent der Emissionen bis 2040 vor.

Wissing kann also zunächst aufatmen. Und das, obwohl der Expertenrat für Klimafragen erst am Montag verkündet hatte, dass die Klimaziele im Verkehrssektor im vergangenen Jahr erneut deutlich verfehlt wurden. Statt der erlaubten 133 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente sind 2023 146 Millionen Tonnen ausgestoßen worden, also 13 Millionen Tonnen zu viel. Nach aktueller Gesetzeslage hätte er also jetzt schnellstmöglich ein Sofortprogramm vorlegen müssen. Mit der baldigen Verabschiedung der Reform dürfte sich das erübrigen.

EU-Lastenteilung: Wer nicht spart, muss zahlen

Doch ganz vom Tisch sind die Sektorenziele damit noch nicht. Denn es gibt da auch noch die Europäische Union und ihren ambitionierten Green Deal. Und deshalb ist ein Ausgleich der hohen Emissionen im Verkehrssektor nur begrenzt möglich, weil zusätzlich zum deutschen Klimaschutzgesetz auch die Regelung der "Effort Regulation" auf europäischer Ebene gilt – also der Lastenteilung in der EU. Die Lastenteilungsverordnung schreibt vor, welche Ziele die Mitgliedstaaten jeweils unter Berücksichtigung ihrer Wirtschaftskraft erreichen müssen. Überschreitet Deutschland die EU-Sektorenziele dann drohen Strafzahlungen aus Brüssel. Fachleute rechnen mit Summen im zweistelligen Milliardenbereich, die in der zweiten Hälfte der 2020er-Jahre fällig werden. "Wir dürften so in der Größenordnung 10 bis 20 Milliarden an Kosten für den deutschen Staatshaushalt liegen, die wir im Rahmen der Regulation an andere EU-Länder überweisen müssen", schätzt etwa Peter Kasten vom Öko-Institut in Berlin. Ab dem Jahr 2027 muss Deutschland auch Rechte zum Ausstoß von Treibhausgasen kaufen. Der Druck auf den Verkehrssektor bleibt also erhalten.

Expertenrat für Klimaschutz bestätigt Emissionsrückgang

Nur der Verkehrssektor hat die Zielvorgaben deutlich verfehlt, so das Gremium.
Was getan werden müsste: Diese Empfehlungen hat die Wissenschaft

Nach seinem Drängen auf die Reform des Klimaschutzgesetzes drängt sich Beobachtenden der Eindruck auf, dass Wissing jetzt vor allem auf den Ausgleich der höheren Emissionen seines Sektors durch die anderen setzt. Doch das ist nicht nur EU-rechtlich problematisch - Fachleute halten es auch für unrealistisch. Meike Jipp, Direktorin des Instituts für Verkehrsforschung am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt, verweist darauf, dass sich auch die anderen Verbrauchssektoren großen Herausforderungen gegenübersehen. "Wenn keine weiteren Maßnahmen ergriffen werden, erscheint es wenig plausibel, dass die zu erwartenden Zielverfehlungen des Verkehrs in den nächsten Jahren durch die anderen Sektoren ausgeglichen werden können."

Aber was wäre zu tun, um die Emissionen beim Verkehr deutlich zu senken und das am besten schnell? Bundesverkehrsminister Wissing hatte ja behauptet, um das Sektorziel für 2024 zu erreichen, brauche es deutlich weniger Pkw- und Lkw-Fahrleistung. Klingt naheliegend, denn der Straßenverkehr macht den Löwenanteil in diesem Bereich aus. Doch die Reduktion sei "nur durch restriktive und der Bevölkerung kaum vermittelbare Maßnahmen wie flächendeckende und unbefristete Fahrverbote an Samstagen und Sonntagen möglich", so Wissing. Das stimmt so nicht, hatten die Grünen entgegnet. Und auch die Fachleute aus der Wissenschaft priorisieren andere Optionen. 

Tempolimit

Das Tempolimit sei aus wissenschaftlicher Sicht eine fantastische Maßnahme, sagt Patrick Plötz vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung. "Es adressiert sofort den gesamten fossilen Pkw-Bestand und es kostet überhaupt kein Geld", so der Forscher. "Man hat gleichzeitig weniger Unfälle, besseren Verkehrsfluss, weniger Schadstoffbelastung - alles kostenlos und sofort umsetzbar. Das ist also ein Traum von einer Maßnahme."

Das Tempolimit habe außerdem schon eine breite Akzeptanz in der Bevölkerung, erklärt Stefan Gössling von der School of Business and Economics an der Linnaeus University im schwedischen Kalmar. Allerdings gebe es bei diesem Thema eine sehr laute Minderheit, die sehr weit gehen würde, um das Tempolimit zu verhindern. "Wir wissen aus unserer Forschung, dass das tatsächlich so ein wichtiges Thema ist für manche Menschen, dass sie ihr Wahlverhalten daran festmachen. Das heißt, wenn im Moment eine Weigerung stattfindet von der FDP ein Tempolimit einzuführen, dann appelliert man damit sicherlich an einige spezielle Zielgruppen", so Gössling.

Umbau klimaschädlicher Subventionen

Ob es das Dienstwagenprivileg ist oder die Pendlerpauschale: Viele der Subventionen im Verkehrssektor fördern aktuell den fossilen Straßenverkehr. Fraunhofer-Forscher Plötz zufolge fördert der Staat teilweise bis zu einem Euro pro Liter Benzin statt die fossilen Energieträger unattraktiver zu machen. Er empfiehlt deshalb einen klimafreundlichen Umbau dieser Subventionen. Bisher seien die Abgaben- und Steuersysteme im Verkehrssektor nämlich noch überhaupt nicht am Klimaschutz ausgerichtet. "Steuervorteile sollten wirklich nur noch für klimafreundliche Alternativen zur Verfügung stehen", fordert Plötz.

Stefan Gössling regt die Einführung von Mobilitätsbudgets an, um den Umbau der bisherigen Subventionen sozialverträglich zu gestalten. Dann, so der Experte, würde die Maßnahme sicher von der Mehrheit der Bevölkerung auch unterstützt.

Schnelle Elektifizierung des Straßenverkehrs

In Deutschland ist der Verkehr stark auf die Straße fixiert. Und solange es keine deutliche Verkehrswende hin zu klimafreundlicheren Alternativen gibt, erklärt Forscher Kasten, müsse man an der Elektrifizierung der Fahrzeuge arbeiten. „Man muss die Straßenfahrzeuge dann emissionsfrei fahren lassen“ so Kasten. Durch die Elektrifizierung könnten seinen Untersuchungen zufolge recht schnell erhebliche Minderungen beim Treibhausgas-Ausstoß erreicht werden.

"Es gibt einen sehr breiten Konsens über viele wissenschaftliche Studien hinweg, dass nachhaltiger Straßenverkehr von direkter Stromnutzung dominiert werden wird", ergänzt Plötz. "Es ist klar machbar. Es ist die günstigste und am schnellsten umsetzbare Lösung." Und E-Fuels? Die gebe es einfach nicht in irgendeinem relevanten Umfang, sagt der Fraunhofer-Forscher. "Das ist so ein bisschen wie über Feenstaub reden: Könnten wir statt Auto zu fahren irgendwie Einhorn fliegen?"

Ausbau des öffentlichen Verkehrs und der Radinfrastruktur

Langfristig muss es das Ziel sein, eine strukturelle Wende im Verkehr hinzubekommen, sind sich die Fachleute einig. Dazu braucht es einen Ausbau der öffentlichen Verkehrssysteme und eine bessere Radinfrastruktur. Dazu brauche es aber zunächst erhebliche Investitionen. Forscher Gössling wünscht sich, dass die Kommunen "mehr nach vorne denken" würden beim Thema Mobilität. So seien etwa Radnetze in Städten, die allein von Radfahrern genutzt werden dürfen, ein gutes Instrument, um Menschen den Umstieg zu erleichtern. Im europäischen Ausland gebe es gute Beispiele, von denen Deutschland lernen könne. Aber vor allem dürfe Verkehrspolitik keine Industriepolitik mehr sein, mahnt Gössling. Immer wieder seien Verkehrsminister später in die (Auto-)Industrie gewechselt. Aber diese Klientelpolitik schade der Verkehrswende.

Ohne Limit - Warum dürfen wir noch rasen?

Seit Jahrzehnten wird über ein Tempolimit diskutiert - ergebnislos. Wäre es wirklich eine Einschränkung persönlicher Freiheiten? Und welche Rolle spielt die Auto-Industrie in der Debatte?

🗓 Klimatermine

Noch bis 27. April – Leipzig

"Leipzig putzt sich raus": In der Messestadt findet aktuell der große Frühjahrsputz statt. Dabei sind alle Einwohnerinnen und Einwohner, aber auch Vereine oder Unternehmen aufgerufen, Reinigungsaktionen zu starten. Wer selbst mit Hand anlegen und mit Mülltüte und Greifzange durch Parks und Straßen ziehen möchte, findet alle Infos hier.

Noch bis 27. April – Sachsen

In zahlreichen Orten in Sachsen finden noch bis zum kommenden Wochenende die Sächsischen Energietage statt. Im Fokus stehen dabei die erneuerbaren Energien und Interessierte können seltene Einblicke bekommen - etwa in Solar- und Windparks oder die Batterie-Herstellung. Aber auch Diskussionen, Vorträge, Lesungen oder Exkursionen stehen noch auf dem Programm. Mehr dazu hier. 

26. bis 27. April – taucha

Die Klima-Initiative Taucha veranstaltet am letzten April-Wochenende die 2. Tauchaer Klima-Konferenz. Dieses Mal widmet sie sich dem Thema Bauen und Wohnen. Für Interessierte gibt es Vorträge, Fachleute stehen Rede und Antwort und auch Exkursionen stehen auf dem Plan. Hier gibt es mehr Informationen.

📰 Klimaforschung und Menschheit

Pflanzen beeinflussen Klima bedeutend

Das Klima wirkt sich nicht nur auf Pflanzen aus, sondern Pflanzen beeinflussen auch das Klima. Eine Studie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) hat sich des Themas angenommen, wie und wie stark die Vegetation auf das Klima wirkt und herausgefunden: Gut fünf Prozent der regionalen Klimaregulation lassen sich durch die Pflanzenvielfalt vor Ort erklären. Besonders positiv wirke sich aus, wie dicht die Vegetation an einer Stelle ist, wie viel Wasser die Flora verdunsten lässt und wie viel Kohlenstoffdioxid sie binden kann. Außerdem gebe es Unterschiede zwischen den Ökosystemen, beispielsweise zwischen Nadel- und Laubwäldern.

Mehr dazu lesen Sie bei MDR Wissen.

Leopoldina plädiert für CO2-Speicherung an Land

Die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina empfiehlt der Bundesregierung, künftig auch Standorte an Land für die Speicherung von CO2 zu erschließen. Bislang hatte man hauptsächlich den Meeresgrund als "Endlager" für klimaschädliches Kohlenstoffdioxid in Erwägung gezogen. Diese geplante Beschränkung sei lediglich Ausdruck einer Vermeidung von politischen Auseinandersetzungen, so die Aussage der Leopoldina: "Gegen die unterirdische Speicherung von CO2 auf dem Festland spricht aus wissenschaftlicher Sicht nichts, wenn sorgfältige Erkundung, transparente Standortwahl und fortlaufendes Monitoring gewährleistet werden." In der Vergangenheit hatte es Widerstände gegen die Technologie von Umweltverbänden gegeben, einige davon sind aber inzwischen bei diesem Thema umgeschwenkt.

Die Stellungnahme der Leopoldina finden Sie hier. 

Ozeanerwärmung: schlimmste jemals beobachtete Korallenbleiche

Korallenriffe auf der ganzen Welt erleben seit dem vergangenen Jahr eine Massenbleiche. Der US-Wetter- und Ozeanografiebehörde NOAA zufolge handelt es sich um die vierte globale Korallenbleiche seit Beginn der Aufzeichnungen und um die zweite innerhalb von zehn Jahren. Wenn die Weltmeere weiter so warm bleiben, so der Bericht, drohten große Teile dieser ikonischen Lebensräume gänzlich abzusterben. Am Great Barrier Reef in Australien seien inzwischen mehr als 60 Prozent der Riffe von der derzeitigen Bleiche betroffen und erste Zeichen von Mortalität seien ebenfalls zu beobachten. Die globale Meeresoberflächentemperatur liegt nach Daten der Plattform "Climate Reanalyzer" der University of Maine inzwischen schon seit mehr als einem Jahr an jedem einzelnen Tag auf dem höchsten Tagesstand seit Messbeginn vor rund 40 Jahren. 

Mehr über die Folgen dieser Korallenbleiche bei NANO in der 3Sat-Mediathek.

Forschende kritisieren geplante Anpassung der EU-Agrarpolitik scharf

Als Reaktion auf die europaweiten Bauernproteste hat die EU-Kommission eine Anpassung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) vorgeschlagen. Dabei sollen auch Umweltstandards für Landwirte aufgeweicht werden. Forschende befürchten deshalb eine Gefahr für den Green Deal und die Biodiversität. Die Beschlüsse der Kommission stünden im krassen Gegensatz zum Stand der Wissenschaft, sagte etwa Katrin Böhning Gasse vom Institut für Ökologie, Evolution und Diversität der Goethe-Universität Frankfurt am Main: "Die geplanten Entscheidungen der EU können für jede Wissenschaftlerin und jeden Wissenschaftler mit Expertise in diesem Bereich nur mit Entsetzen zur Kenntnis genommen werden. Hier werden viele positive Entwicklungen unter dem Green Deal zurückgenommen. Das ist ein großer Schritt rückwärts – mit potenziell dramatischen Folgen für die Ernährungssicherung und auf Kosten des Wohlergehens der Menschen."

Lesen Sie die Nachricht bei MDR Wissen.

Dubai-Überschwemmungen durch Wolkenimpfungen? Fachleute dementieren

Die wiederholt starken Regenfälle in Dubai sind nicht auf die im Emirat praktizierten Wolkenimpfungen zurückzuführen, das vermelden zahlreiche Medien. Nach den Ereignissen in dieser Woche hat sich in sozialen Netzwerken die Annahme verbreitet, das auch Cloud Seeding genannte Verfahren hätte zu dem Starkregenereignis geführt. Bei der Methode werden Wolken durch "Flugzeug-Impfung" mit Silberiodid oder Kochsalz zum Abregnen stimuliert. Der Nutzen ist jedoch umstritten. Die Effekte seien zumindest weitaus geringer als für Starkregen notwendig, sagte der Geoengineering-Experte Blaž Gasparini dem Portal Futurezone. Die Zeitung Der Standard verweist auf die Recherche eines Wired-Journalisten, der trotz 300 Cloud-Seeding-Flüge bisher keine große Zunahme der Regenfälle im Emirat feststellen konnte. Es handle sich vielmehr um einen riesigen Sturm, der den Oman offenbar noch viel härter getroffen habe, obwohl dort kein Cloud-Seeding eingesetzt werde. Bereits 2022 wurden Gerüchte verbreitet, die verheerenden Überschwemmungen in der Türkei seien durch Wolkenimpfung ausgelöst worden.

Mehr dazu lesen Sie auch hier bei MDR Wissen.

📻 Klima in MDR und ARD

Erneuerbare Energien: Wo steht Deutschland im europäischen Vergleich?

Trotz aller Verzögerungen bei den Erneuerbaren Energien läuft der Ausbau von Wind- und Solarenergie hierzulande schneller als bei vielen europäischen Nachbarn.

Warum Gegener des Atomausstiegs falsch liegen

Klima-Ökonomin Kemfert erläutert in der neuen Ausgabe von Kemferts Klima-Podcast warum sie den Atomausstieg für eine Erfolgsgeschichte hält. 

Klimaschutz: Im Musikbusiness tut sich was

Recycling-LPs und Klimasongs - die Musikbranche versucht sich an Nachhaltigkeit. 

Kantine neu gedacht

Jeder Fünfte isst mittags in einer Kantine. Wenn es gelingt, dort nachhaltig erzeugte Lebensmittel auf den Tisch zu bringen, ist das ein wertvoller Erfolg im Kampf gegen die Klimakrise.

CO2-Speicherung: Kann die Technik helfen?

Einige Fachleute glauben, dass CO2 künstlich gespeichert werden muss. Diese Technik wäre nur Vorwand für ein "Weiter so" der Industrie, unterstellen Kritiker. Kann es beim Verbot der CO2-Speicherung in Deutschland bleiben?

👋 Zum Schluss

Puh, das war ja wieder eine wilde Fahrt in Sachen Verkehr und Klima diese Woche. Ich hoffe, dass Sie jetzt etwas mehr Durchblick haben bei der Debatte ums neue Klimagesetz und der Frage, warum ausgerechnet FDP-Mann Wissing wollte, dass die Gesetzesnovelle so schnell wie nur möglich kommt. Immerhin ist Eigenverantwortung ja ein beliebter Begriff bei den Liberalen. Und genau auf die fällt es nun wieder zurück: Statt politischer Steuerung bleibt es am klimabewusstsen Individuum hängen, das eigene Mobilitätsverhalten besser zu gestalten. Aber am Ende reicht das vielleicht für ein reineres Gewissen, die Emissionen im Verkehr lassen sich so sicher kaum senken und schon gar nicht so drastisch, wie es notwendig wäre.

Aber damit ich Sie nicht so negativ aus diesem Klima-Update entlassen muss, gibt es an dieser Stelle noch eine kleine Empfehlung:

Uns hat in dieser Woche eine E-Mail erreicht, in der Enttäuschung darüber geäußert wurde, dass wir im Klima-Update bisher nichts zur Fashion Revolution Week gesagt hätten. Und diese Kritik nehme ich mir in diesem Fall gern zu Herzen, denn das ist eine empfehlenswerte Aktionswoche, die da gerade läuft. Dabei geht es nämlich nicht nur um einen fairen und nachhaltigen Umbau der Modeindustrie, sondern auch um die Erinnerung an den Einsturz von Rana Plaza. Das war ein Gebäude in Bangladesch, in dem Tausende in Bekleidungsfabriken Textilien für große Modemarken hergestellt haben. Bei dem Einsturz starben mehr als 1.100 Menschen, weitere 2.500 wurden verletzt. Diese Katastrophe löste eine Diskussion über die teils katastrophalen Arbeitsbedingungen in den Fabriken aus. Wer dieser Situation etwas entgegensetzen will, hat auf der Fashion Revolution Week aktuell noch die Möglichkeit, denn es finden noch zahlreiche Veranstaltungen wie etwa Kleidertausch-Events oder Nähworkshops statt in Städten wie Halle, Magdeburg, Leipzig oder Bitterfeld-Wolfen. Schauen Sie also gern hier nach, ob auch etwas für Sie dabei ist.

Vielen Dank, dass Sie uns auch diese Woche wieder – oder auch zum ersten Mal – gelesen haben. Bleiben Sie uns gewogen!

Einen wunderbaren Start ins Wochenende wünscht Ihnen
Kristin Kielon