CO2-Recycling
Das Plastik ist eine Chance

13.07.2022 Eines der größten Umweltprobleme bleibt der steigende Verbrauch von Kunststoffen. Mit CO2-Recycling eröffnet sich ein Lösungsweg: Nun liegt ein ausführlicher Chancen-Report aus den USA vor.

Verschiedene Technologien für die CO2-Umwandlung zu Kunststoffen stehen offen.
© Foto: IDTechEx
Verschiedene Technologien für die CO2-Umwandlung zu Kunststoffen stehen offen.

Laut einer aktuellen OECD-Studie wurden 2019 weltweit 460 Millionen Tonnen Kunststoff produziert, und der Verbrauch wird trotz der erwarteten verstärkten Einführung von Recyclingtechnologien weiter steigen.

Da auch die Kohlendioxid (CO2)-Emissionen in die Höhe schnellen, schlägt die Branche der Kohlenstoffabscheidung und -verwertung (CCU) eine Lösung für beide Probleme vor: die Herstellung kohlenstoffärmerer, abbaubarer Polymere unter Verwendung von CO2-Emissionen als Rohstoff. Der aktuelle IDTechEx-Bericht "Carbon Dioxide (CO2) Utilization 2022-2042: Technologies, Market Forecasts, and Players" analysiert die Chancen und Herausforderungen bei der Schaffung dieser vorgeschlagenen kreisförmigen Kohlenstoffwirtschaft.

 

Wie lassen sich Polymere aus CO2 herstellen?

Es gibt mindestens drei Hauptwege zur Umwandlung von CO2 in Polymere: Elektrochemie, biologische Umwandlung und Thermokatalyse. Letztere ist wohl die am ehesten ausgereifte CO2-Technologie, bei der CO2 entweder direkt zur Gewinnung von Polymeren auf CO2-Basis, insbesondere von biologisch abbaubaren, geradkettigen Polycarbonaten (LPC), oder indirekt durch die Herstellung chemischer Vorprodukte (Bausteine wie Methanol, Ethanol, Acrylatderivate oder Monoethylenglykol [MEG]) für Polymerisationsreaktionen genutzt werden kann.

Zu den aus CO2 hergestellten LPCs gehören Polypropylencarbonat (PPC), Polyethylencarbonat (PEC) und Polyurethane (PUR), wobei PUR ein wichtiger Markt für CO2-basierte Polymere ist, mit Anwendungen in der Elektronik, in Mulchfolien, Schaumstoffen und im biomedizinischen und Gesundheitssektor. CO2 kann bis zu 50 % (in Gewicht) eines Polyols, einer der Hauptkomponenten von PUR, ausmachen. CO2-abgeleitete Polyole (Alkohole mit zwei oder mehr reaktiven Hydroxylgruppen pro Molekül) werden durch die Kombination von CO2 mit zyklischen Ethern (sauerstoffhaltige, ringförmige Moleküle, Epoxide genannt) hergestellt. Das Polyol wird dann mit einer Isocyanatkomponente kombiniert, um PUR herzustellen.

Unternehmen wie Econic, Covestro und Aramco Performance Materials haben neuartige Katalysatoren entwickelt, die die Herstellung von Polyolen auf CO2-Basis erleichtern. Auf diesem thermochemischen Weg sind zwar immer noch fossile Rohstoffe erforderlich, aber die Hersteller können einen Teil davon durch CO2-Abfälle ersetzen und so möglicherweise Rohstoffkosten sparen.

Im Bereich der Zukunftstechnologien können chemische Grundstoffe für CO2-basierte Polymere durch Elektrochemie oder mikrobielle Synthese gewonnen werden. Während sich die elektrochemische Umwandlung von CO2 in Chemikalien in einem früheren Entwicklungsstadium befindet, sind die biologischen Verfahren ausgereifter und haben das Stadium der frühen Kommerzialisierung erreicht. Jüngste Fortschritte in der Gentechnik und der Prozessoptimierung haben dazu geführt, dass chemoautotrophe Mikroorganismen in der biologischen Synthese zur Umwandlung von CO2 in Chemikalien, Kraftstoffe und sogar Proteine eingesetzt werden.

Im Gegensatz zur thermochemischen Synthese arbeiten diese biologischen Verfahren im Allgemeinen unter Bedingungen, die sich der Umgebungstemperatur und dem Umgebungsdruck annähern, und haben das Potenzial, im großen Maßstab weniger energieintensiv und kostspielig zu sein. Insbesondere das in Kalifornien ansässige Start-up-Unternehmen Newlight bringt einen direkten biologischen Weg zu Polymeren auf den Markt, bei dem seine Mikroben abgeschiedenes CO2, Luft und Methan in Polyhydroxybutyrat (PHB), ein enzymatisch abbaubares Polymer, umwandeln.

Derzeit ist der Umfang der CO2-basierten Polymerherstellung im Vergleich zur etablierten petrochemischen Industrie noch gering, aber es gibt bereits erfolgreiche kommerzielle Beispiele. Eine der größten verfügbaren Mengen sind aromatische Polycarbonate (PC) aus CO2, die seit 2012 von Asahi Kasei in Taiwan entwickelt werden. In jüngerer Zeit hat das US-amerikanische Unternehmen LanzaTech erfolgreich Partnerschaften mit großen Marken wie Unilever, L'Oréal, On, Danone, Zara und Lulumelon geschlossen, um mit Hilfe von Mikroben abgeschiedene Kohlenstoffemissionen aus industriellen Prozessen in Polymervorläufer - Ethanol und MEG - für die Herstellung von Verpackungen, Schuhen und Textilien umzuwandeln.

 

Es bleiben Fragen 
Obwohl die Idee der Wiederverwendung von Treibhausgasabfällen als Rohstoff für beide Seiten ein Gewinn zu sein scheint, stellen sich für jeden CO2-Nutzungspfad viele Fragen zur Machbarkeit. Wird er wirklich zu einer Emissionsreduzierung führen? Wo liegen die finanziellen und praktischen Hindernisse? Lässt sich der Klimawandel auf diese Weise sinnvoll bekämpfen? Dies sind einige der schwierigen Fragen, mit denen sich das Forschungsunternehmen IDTechEx, Boston und Cambridge, in seinem jüngsten Bericht "Carbon Dioxide (CO2) Utilization 2022-2042: Technologies, Market Forecasts, and Players" (gebührenpflichtiger Download: ab 6.500 $, Link: shorturl.at/ept35) befasst. Der Schwerpunkt liegt dabei nicht nur auf der CO2-Nutzung in den Polymer- und Chemiemärkten, sondern auch in den Bereichen Enhanced Oil Recovery, Baumaterialien, Kraftstoffe und biologische Ertragssteigerung.

Das Fazit: Nicht alle Wege der CO2-Nutzung sind gleichermaßen vorteilhaft für die Erreichung der Klimaziele, und nicht alle werden wirtschaftlich skalierbar sein. Knappe Ressourcen, für die es alternative Verwendungsmöglichkeiten gibt, müssen dort eingesetzt werden, wo sie am ehesten einen wirtschaftlichen Nutzen bringen und den Klimawandel eindämmen. Da der Durst der Welt nach Kunststoffen nicht nachlässt, könnte eine Kreislaufnutzung von CO2 den gegenwärtigen Lebensstil bewahren, indem die Petrochemie den CO2-Ausstoß als Rohstoffquelle nutzt.

 

 

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