Kipppunkt – F.A.Z. Klimablog : Führt saubere Luft zu marinen Hitzewellen?
Lesezeit: 1 Min.
Liebe Leserinnen und Leser,
willkommen bei unserem Blog „Kipppunkt“. Hier werden Sie alle wichtigen Informationen und Fakten rund um das Thema Klima finden. Martin Franke, Joachim Müller-Jung und Oliver Schlömer informieren über neueste Entwicklungen und Studien, erklären wissenschaftliche Erkenntnisse und Klimaphänomene.
Anregungen und Fragen können Sie uns schreiben: klimablog@faz.de
Kapitel
Hitzewelle in Westafrika ohne Klimawandel nicht möglich
CO₂-Filter und Klimaschutz
Entwaldung in den Tropen: weniger, aber noch zu viel
Straßen und Schienen schlecht auf Klimarisiken vorbereitet
Weltmeere könnten mehr CO₂ speichern als angenommen
Die Erde erwärmt sich in noch nie dagewesenem Tempo
Oliver Schlömer
Führt eine geringere Luftverschmutzung zu zusätzlicher Erhitzung und zu maritimen Hitzewellen? Diese von Klimaforschern zuletzt stark diskutierte These bekommt durch eine Studie aus China weiteren Auftrieb. Ein Grund: Die Ozeane werden seit Jahren immer wärmer, und ein regionaler Zusammenhang zwischen Temperaturerhöhung und Luftreinhaltung erscheint zumindest plausibel. Besonders im Nordostpazifik traten zwischen 2010 und 2020 immer wieder Hitzeanomalien auf, die das Oberflächenwasser in der Beringstraße und dem Golf von Alaska ungewöhnlich stark aufheizten. Die Gründe hierfür waren den Forschern bislang unklar. Nun wollen chinesische Wissenschaftler die Erklärung gefunden haben: Die Reduktion von Aerosol-Emissionen in China soll die Aufheizung des Nordostpazifiks begünstigt und atmosphärische Zirkulationsmuster in der Pazifikregion verändert haben.
Die Forschergruppe um Hai Wang und Xiao-Tong Zheng von der Ocean University of China in Qingdao gründen ihre Schlussfolgerung auf die Ergebnisse von Simulationen verschiedener Klimamodelle. Wie die Wissenschaftler in den „Proceedings“ der amerikanischen Nationalen Akademie der Wissenschaften (PNAS) schreiben, konnten die beobachteten Hitzeanomalien im Nordostpazifik in den Simulationen weder allein durch die generelle Erderwärmung aufgrund der menschengemachten Treibhausgasemissionen noch durch das zyklische auftretende Klimaphänomene El Niño erklärt werden.
Die Forschergruppe um Hai Wang und Xiao-Tong Zheng von der Ocean University of China in Qingdao gründen ihre Schlussfolgerung auf die Ergebnisse von Simulationen verschiedener Klimamodelle. Wie die Wissenschaftler in den „Proceedings“ der amerikanischen Nationalen Akademie der Wissenschaften (PNAS) schreiben, konnten die beobachteten Hitzeanomalien im Nordostpazifik in den Simulationen weder allein durch die generelle Erderwärmung aufgrund der menschengemachten Treibhausgasemissionen noch durch das zyklische auftretende Klimaphänomene El Niño erklärt werden.
Erst als die Wissenschaftler die Reduzierung von Aerosolen und Luftschadstoffen in China in ihren Simulationen berücksichtigten, ließen sich Zirkulationsmuster reproduzieren, bei denen ausgeprägt Hitzewellen im Nordostpazifik auftraten. So zeigten die Simulationen, dass sich das Aleuten-Tief über dem Nordpazifik mit sinkenden Aerosol-Emissionen in China ausdehnte und nach Süden verlagerte. Dadurch schwächten sich über dem Nordpazifik Westwinde ab, was zu einer Erwärmung des Oberflächenwassers führt. Ein solcher Zusammenhang von räumlich entfernten atmosphärischen Prozessen wird in der Meteorologie auch als Telekonnection beschrieben.
Bei Aerosolen handelt es sich um feste oder gasförmige Schwebeteilchen im Mikro- bis Nanometerbereich. In der Atmosphäre reflektieren oder absorbieren sie je nach Zusammensetzung die Sonnenstrahlung, und sie tragen außerdem zu unterschiedlichen Teilen zur Wolkenbildung bei, da bei hoher Luftfeuchte Wassertropfen an ihrer Oberfläche kondensieren.
Neben natürlichen Quellen wie Waldbränden oder explosiven Vulkanausbrüchen entstehen sie auch durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe in der Industrie und im Verkehr.
Besonders Sulfataerosole sind so etwas wie der Gegenspieler der Treibhausgase in der Atmosphäre und reflektieren Sonnenstrahlen in den Weltraum. Ohne die kühlende Wirkung der Aerosole läge die globale Durchschnittstemperatur schon 1,5 Grad über dem vorindustriellen Niveau.
Den Forschern zufolge hat die Reduzierung der Aerosol-Emissionen zusammen mit der natürlichen Klimavariabilität und der durch Treibhausgase verursachten Erwärmung dazu geführt, dass maritime Hitzewellen im Nordostpazifik im zwischen 2010 und 2020 häufiger und intensiver auftraten. Die Reduzierung von Aerosolemissionen ist in China seit 1987 gesetzlich vorgeschrieben. Das Gesetz legt Standards für Luftqualität fest und regelt Emissionsgrenzwerte für Industrieunternehmen und Fahrzeuge.
Die Simulationen der aktuellen Studie bekräftigen eine Hypothese des NASA-Forschers James Hansen aus dem letzten Jahr. Der Klimaforschungs-Veteran Hansen hatte behauptet, dass das Verbot schwefelhaltigen Schwerdiesels vor nunmehr vier Jahren zu einer signifikanten Abnahme der Schwefelaerosole in der Atmosphäre über den Hauptschifffahrtsrouten geführt habe. Dadurch könne nun mehr solare Einstrahlung auf die Meeresoberfläche treffen und diese aufheizen.
Auch die chinesischen Wissenschaftler erwarten mit weltweit weiter sinkenden menschengemachten Aerosol-Emissionen eine Zunahme maritimer Hitzeanomalien mit negativen Folgen für die Artenvielfalt in den Ozeanen und weitreichenden sozioökonomischen Auswirkungen auch auf den Kontinenten. Als Beispiel führen sie die extreme Dürre in Kalifornien in den Jahren 2013 bis 2016 an, die zu Milliardenschäden in der Landwirtschaft geführt hat, und die in Verbindung zu einer zeitgleichen Hitzewelle im Nordostpazifik steht.
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Hitzewelle in Westafrika ohne Klimawandel nicht möglich
Oliver Schlömer
Hitzewelle in Westafrika wäre ohne Klimawandel nicht möglich gewesen: Hitzewellen sind in den vergangenen Jahrzehnten immer häufiger geworden. Einem aktuellen Bericht des europäischen Klimawandeldienstes Copernicus zufolge, litten Menschen nicht nur in Europa deutlich häufiger an den Tagen mit extremer Hitze, sondern auch in Westafrika, wo sich Anfang April dieses Jahres eine außergewöhnliche Hitzewelle ereignete.
In Burkina Faso und Mali stieg das Thermometer für mehrere Tage auf über 45 Grad Celsius. Auch nachts fiel das Thermometer nicht unter 30 Grad. Zum Ende des Fastenmonats Ramadan trafen diese ungewöhnlich hohen Temperaturen besonders die mehrheitlich muslimische Bevölkerung. In Burkina Faso stiegen die hitzebedingten Todesfälle während dieser Zeit deutlich an.
In Burkina Faso und Mali stieg das Thermometer für mehrere Tage auf über 45 Grad Celsius. Auch nachts fiel das Thermometer nicht unter 30 Grad. Zum Ende des Fastenmonats Ramadan trafen diese ungewöhnlich hohen Temperaturen besonders die mehrheitlich muslimische Bevölkerung. In Burkina Faso stiegen die hitzebedingten Todesfälle während dieser Zeit deutlich an.
Die Klimaforscher beschäftigen sich schon lange mit der Frage, wie derartige Extremwetter-Ereignisse vom Klimawandel geprägt sind. Ob und in welchem Ausmaß Extremwetterereignisse häufiger und intensiver werden, ist das Thema der Attributionsforschung, eine junge Disziplin der Klimaforschung.
Um einen Zusammenhang zu finden, arbeiten die Attributionsforscher mit verschiedenen Klimamodellen und simulieren das Wettergeschehen einer bestimmten Region auf Zeitskalen von mehreren Tausend Jahren. Nur so lassen sich Extremereignisse identifizieren, die per Definition eigentlich nur selten auftreten sollten, es aber tatsächlich nicht sind. Um Vergleiche anstellen zu können, simulieren die Wissenschaftler den aktuellen CO2-Gehalt in der Atmosphäre, aber auch den Zustand der Atmosphäre ohne zusätzliche menschengemachte Emissionen. Im Abgleich mit gemessenen historischen Wetterdaten lassen sich auf diese Weise Wettertrends erfassen und Extremwetterereignisse festmachen, die ohne den menschengemachten Klimawandel nicht erklärbar wären.
Um einen Zusammenhang zu finden, arbeiten die Attributionsforscher mit verschiedenen Klimamodellen und simulieren das Wettergeschehen einer bestimmten Region auf Zeitskalen von mehreren Tausend Jahren. Nur so lassen sich Extremereignisse identifizieren, die per Definition eigentlich nur selten auftreten sollten, es aber tatsächlich nicht sind. Um Vergleiche anstellen zu können, simulieren die Wissenschaftler den aktuellen CO2-Gehalt in der Atmosphäre, aber auch den Zustand der Atmosphäre ohne zusätzliche menschengemachte Emissionen. Im Abgleich mit gemessenen historischen Wetterdaten lassen sich auf diese Weise Wettertrends erfassen und Extremwetterereignisse festmachen, die ohne den menschengemachten Klimawandel nicht erklärbar wären.
Die extreme Hitzewelle jüngst in der Sahelzone stellt ein solches außergewöhnliches Ereignis ohne historischen Präzedenzfall dar. Einer aktuellen Attributionsstudie der World Weather Attribution zu Folge, wäre die jüngste Hitzewelle in der Sahelzone ohne den menschengemachten Klimawandel mit einer bisherigen globalen Erwärmung von 1,2 Grad nicht möglich gewesen. Ohne die anthropogenen Treibhausgasemissionen wären die Temperaturen in dieser Zeit um 1,4 bis 2 Grad geringer ausgefallen.
Gemäß den Prognosen der Klimawissenschaftler zu Mali, Burkina Faso, Mozambique, Schweden, USA und dem Vereinigten Königreich könnten Hitzewellen in Westafrika, wie sie im April 2024 auftraten, in Zukunft zehnmal so häufig auftreten, sollte die globale Durchschnittstemperatur auf 2 Grad gegenüber dem vorindustriellen Niveau steigen.
Gemäß den Prognosen der Klimawissenschaftler zu Mali, Burkina Faso, Mozambique, Schweden, USA und dem Vereinigten Königreich könnten Hitzewellen in Westafrika, wie sie im April 2024 auftraten, in Zukunft zehnmal so häufig auftreten, sollte die globale Durchschnittstemperatur auf 2 Grad gegenüber dem vorindustriellen Niveau steigen.
Die Forscher um Clair Barnes und Friederike Otto vom Imperial College in London haben festgestellt, dass das derzeitige El-Niño-Ereignis im Westpazifik nur geringfügig zu den extremen Temperaturen in Westafrika beigetragen hat. Anders sieht das im Süden Afrikas aus. Dort steht das Klimaphänomen in Verdacht, mit der aktuell herrschenden Dürre in Zusammenhang zu stehen. Laut den Vereinten Nationen handelt es sich hier um die schlimmste Dürre seit über hundert Jahren. Mehr als 27 Millionen Menschen sind nach Angaben des Welternährungsprogramms in den kommenden Monaten von Hunger und Wasserknappheit betroffen.
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Oliver Schlömer
Klimaschutz im Verkehr: Nur mit E-Mobilität: Die Emissionen des Verkehrs zu senken, bleibt eine Herkulesaufgabe der deutschen Klimapolitik. Wie der Expertenrat für Klimafragen in seinem Prüfbericht mitteilt, setzten Verkehrs- und Gebäudesektor im dritten Jahr nacheinander zu viel CO₂ frei. Mit fast 150 Millionen Tonnen CO₂ war der Verkehr 2023 für rund 20 Prozent der Gesamtemissionen verantwortlich und lag nur knapp vor der Industrie. Im Verkehrssektor gelangten im letzten Jahr 13 Millionen Tonnen mehr Treibhausgas in die Atmosphäre, als gesetzlich erlaubt. Zukünftig soll es aber egal sein, ob ein Sektor seine Klimaschutzziele verfehlt. Entscheidend sind dann nur noch die jährlichen Gesamtemissionen. Möglich machen soll dies die angekündigte Novelle des Klimaschutzgesetzes.
Die Sektorenziele aufzuweichen, hält der Energieforscher Patrick Plötz vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung für kritisch. Er geht davon aus, dass die Diskrepanz zwischen Zielen und tatsächlichen Emissionen im Verkehr so weiter steigen wird. Gründe dafür sind laut Tourismus-Professor Stefan Gössling von der Linné-Universität im schwedischen Kalmar, der seit Jahren steigende Pkw-Bestand in Deutschland, und die Tatsache, dass neue Automodelle immer schwerer und leistungsstärker werden.
Die Sektorenziele aufzuweichen, hält der Energieforscher Patrick Plötz vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung für kritisch. Er geht davon aus, dass die Diskrepanz zwischen Zielen und tatsächlichen Emissionen im Verkehr so weiter steigen wird. Gründe dafür sind laut Tourismus-Professor Stefan Gössling von der Linné-Universität im schwedischen Kalmar, der seit Jahren steigende Pkw-Bestand in Deutschland, und die Tatsache, dass neue Automodelle immer schwerer und leistungsstärker werden.
So liegen die CO₂ -Emissionen pro Kilometer von Neuwagen weiterhin deutlich über den Zielvorgaben der Europäischen Umweltagentur. Im Jahr 2022 kam der größte Anteil der Pkw-Neuzulassungen aus der höchsten Schadstoffklasse mit Emissionen von mehr als 130 Gramm CO₂ pro Kilometer. Für das Jahr 2025 sehen die Zielvorgaben der Umweltagentur hier eigentlich einen Wert von knapp 81 Gramm CO₂ pro Kilometer vor.
Rein elektrisch betriebene Autos spielen in Deutschland eine untergeordnete Rolle. Ihr Anteil am Gesamtbestand lag laut Kraftfahrt-Bundesamt im Jahr 2023 bei knapp zwei Prozent. Da das Auto besonders auf dem Land das zentrale Verkehrsmittel bleiben wird, führe kein Weg and der Elektrifizierung des Straßenverkehrs vorbei, um 2045 klimaneutral zu sein, sagt Peter Kasten vom Öko-Institut. Der jährliche Strombedarf für den Verkehr würde dann auf 200 bis 250 Terawattstunden steigen, berichtet Kasten. Das entspricht etwa 40 Prozent des durchschnittlichen Stromverbrauchs in Deutschland im Zeitraum von 1990 bis 2023.
Laut Kasten wird der Mehrbedarf an Strom für den Verkehr nicht ausschließlich über die Erneuerbaren in Deutschland zu decken sein. Mehr Strom als jetzt muss dann aus dem europäischen Ausland importiert werden, was nach Erkenntnissen der Forscher über das europäische Verbundnetz kein Problem ist.
Laut Kasten wird der Mehrbedarf an Strom für den Verkehr nicht ausschließlich über die Erneuerbaren in Deutschland zu decken sein. Mehr Strom als jetzt muss dann aus dem europäischen Ausland importiert werden, was nach Erkenntnissen der Forscher über das europäische Verbundnetz kein Problem ist.
Energieforscher Plötz denkt, dass das veränderte Klimaschutzgesetz für die Regierung wenig Anreize setzt, die CO₂ -Emissionen aus dem Verkehr zu senken. Nützliche Maßnahmen wären laut Expertenrat für Klimafragen der Abbau klimaschädlicher Subventionen. Dazu zählt der Rat das Dieselprivileg und die Pendlerpauschale. Auch ein Tempolimit von 120 Km/h könnte einer Studie des Umweltbundesamtes (UBA) zufolge bis zu acht Millionen Tonnen Emissionen einsparen.
Die Forscher sind sich einig: Nichtstun im Verkehrssektor wird hohen Kosten für den Staatshaushalt bedeuten. Denn zusätzlich zum deutschen Klimaschutzgesetz gilt die Effort Sharing Regulation der EU, die ebenfalls Ziele für einzelne Sektoren vorschreibt. Wenn der Verkehrssektor weiterhin seine Emissionsziele verfehlt, kann, wie Patrick Plötz vorrechnet, bis zum Jahr 2030 ein zweistelliger Milliardenbetrag zusammenkommen, den Deutschland als Ausgleich an andere EU-Länder überweisen müsste.
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CO₂-Filter und Klimaschutz
Oliver Schlömer
CO₂-Luftfilteranlage „Orca“ des Unternehmens Climeworks auf Island (Mai 2023). Anthony Anex (picture alliance)
Welche Rolle CO₂-Filter beim Klimaschutz spielen sollen: Um die Erderwärmung bis zum Ende dieses Jahrhunderts auf weniger als zwei Grad Celsius zu begrenzen, müssen in den kommenden Jahrzehnten sowohl die weltweiten Emissionen drastisch reduziert als auch große Mengen CO₂ aus der Atmosphäre entnommen werden. Großtechnische Anlagen zur Entnahme von Kohlenstoffdioxid aus der Luft spielen in der Praxis aktuell jedoch noch keine bedeutende Rolle. Die Europäische Union will hier nun vorangehen. Methoden zur technischen CO₂-Bindung sollen zur zweiten Säule im Klimaschutz aufgebaut werden.
„CO₂-Entnahme als die zweite Säule des Klimaschutzes wird uns in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts viel Geld kosten“, sagt Ottmar Edenhofer, Direktor am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). Wissenschaftler des PIK und des Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) haben daher in der Fachzeitschrift „Finanzwirtschaft“ ein ökonomisches Konzept skizziert, wie die hohen Kosten für neue Technologien, die laut Schätzungen bis zu drei Prozent der globalen Wirtschaftsleistung ausmachen könnten, in der EU bewältigt werden sollen.
Der Ansatz der Forscher: Ähnlich wie Staaten etwa mit CO₂-Steuern dafür sorgen, dass die Emissionen sich verteuern, sollen Staaten auch bei der Einführung von Entnahmemethoden eingreifen: mit Subventionen für jede abgeschiedene Tonne CO₂. Wer im Jahr 2023 eine Tonne CO₂ freigesetzt hat, musste im Durchschnitt 81 Euro bezahlen. Wer künftig eine Tonne CO₂ mit Luftfiltern auffängt, soll dafür denselben Betrag erhalten. Laut einer PIK-Studie könnten die Preise für Emissionszertifikate im Jahr 2030 auf bis zu 126 Euro je Tonne ansteigen.
Durch die Subventionierung sollen so Anreize geschaffen werden, Abscheidetechniken wie das Direct Air Capture (DAC), bei der Kohlenstoffdioxid mittels großer Filter aus der Luft entnommen und unterirdisch gelagert wird, populärer zu machen. Noch entfallen von den knapp zwei Milliarden Tonnen CO₂, die der Atmosphäre jährlich entzogen werden, nur 0,1 Prozent auf die neuen Abscheidetechnologien. So filtert beispielsweise eine Anlage des Schweizer Unternehmens Climeworks auf Island jährlich knapp 4000 Tonnen CO₂ aus der Luft.
Der Großteil des Kohlenstoffs wird aktuell noch über Aufforstungsprojekte zurückgeführt. Doch die Mammutaufgabe der CO₂-Rückführung aus der Atmosphäre wird allein über Aufforstungsprojekte nicht funktionieren. Der Weltklimarat IPCC schätzt, dass bis zu 1000 Milliarden Tonnen CO₂ entnommen werden müssten, um den CO₂-Anteil in der Atmosphäre wieder auf den Stand zu bringen, bevor massenhaft fossile Brennstoffe verbrannt wurden. Durch die Aufforstung von Wäldern allein kann dieses Ziel nicht erreicht werden. Laut einer „Nature“-Studie von 2023 können durch globale Wiederaufforstung nur rund 330 Milliarden Tonnen CO2 zurückgeführt werden. Und noch steigen die weltweiten CO₂-Emissionen Jahr für Jahr an. Im vergangenen Jahr auf einen Wert von über 37 Milliarden Tonnen.
„CO₂-Entnahme als die zweite Säule des Klimaschutzes wird uns in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts viel Geld kosten“, sagt Ottmar Edenhofer, Direktor am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). Wissenschaftler des PIK und des Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) haben daher in der Fachzeitschrift „Finanzwirtschaft“ ein ökonomisches Konzept skizziert, wie die hohen Kosten für neue Technologien, die laut Schätzungen bis zu drei Prozent der globalen Wirtschaftsleistung ausmachen könnten, in der EU bewältigt werden sollen.
Der Ansatz der Forscher: Ähnlich wie Staaten etwa mit CO₂-Steuern dafür sorgen, dass die Emissionen sich verteuern, sollen Staaten auch bei der Einführung von Entnahmemethoden eingreifen: mit Subventionen für jede abgeschiedene Tonne CO₂. Wer im Jahr 2023 eine Tonne CO₂ freigesetzt hat, musste im Durchschnitt 81 Euro bezahlen. Wer künftig eine Tonne CO₂ mit Luftfiltern auffängt, soll dafür denselben Betrag erhalten. Laut einer PIK-Studie könnten die Preise für Emissionszertifikate im Jahr 2030 auf bis zu 126 Euro je Tonne ansteigen.
Durch die Subventionierung sollen so Anreize geschaffen werden, Abscheidetechniken wie das Direct Air Capture (DAC), bei der Kohlenstoffdioxid mittels großer Filter aus der Luft entnommen und unterirdisch gelagert wird, populärer zu machen. Noch entfallen von den knapp zwei Milliarden Tonnen CO₂, die der Atmosphäre jährlich entzogen werden, nur 0,1 Prozent auf die neuen Abscheidetechnologien. So filtert beispielsweise eine Anlage des Schweizer Unternehmens Climeworks auf Island jährlich knapp 4000 Tonnen CO₂ aus der Luft.
Der Großteil des Kohlenstoffs wird aktuell noch über Aufforstungsprojekte zurückgeführt. Doch die Mammutaufgabe der CO₂-Rückführung aus der Atmosphäre wird allein über Aufforstungsprojekte nicht funktionieren. Der Weltklimarat IPCC schätzt, dass bis zu 1000 Milliarden Tonnen CO₂ entnommen werden müssten, um den CO₂-Anteil in der Atmosphäre wieder auf den Stand zu bringen, bevor massenhaft fossile Brennstoffe verbrannt wurden. Durch die Aufforstung von Wäldern allein kann dieses Ziel nicht erreicht werden. Laut einer „Nature“-Studie von 2023 können durch globale Wiederaufforstung nur rund 330 Milliarden Tonnen CO2 zurückgeführt werden. Und noch steigen die weltweiten CO₂-Emissionen Jahr für Jahr an. Im vergangenen Jahr auf einen Wert von über 37 Milliarden Tonnen.
Ein Problem von Aufforstungsprojekten sei laut der Forscher auch, dass der Kohlenstoff wieder freigesetzt wird, sobald die Bäume absterben oder geerntet werden. Deshalb empfehlen die Forscher, die EU-Subventionen für die neuen Technologien zunächst an die Dauerhaftigkeit der Entnahme zu koppeln.
Die Autoren der Studie empfehlen zudem, dass die Subventionen für die Entnahme von CO₂ kontrolliert werden müssten. Wer nicht dauerhaft entnimmt, sollte haftbar gemacht werden. Überprüft werden soll dies von einer neu zu schaffenden Behörde, eine Art „Zentralbank für Kohlenstoff“. Auch weitere Stellen müssten eingerichtet werden, um das System der CO₂-Entnahme auch vor Missbrauch zu schützen: eine zur Qualitätssicherung und eine zur Finanzierung. Studienautoren sehen ihr vorgeschlagenes Konzept im Rahmen der derzeitigen politischen Architektur der EU gut durchführbar.
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Entwaldung in den Tropen: weniger, aber noch zu viel
Oliver Schlömer
Regenwald auf den Seychellen. Michael Piepgras (picture alliance)
Entwaldung in den Tropen ist zurückgegangen und trotzdem noch zu hoch:
Im vergangenen Jahr wurden rund neun Prozent weniger Regenwald abgeholzt als in den Vorjahren. Das geht aus aktuellen Satellitendaten der amerikanischen Denkfabrik World Resources Institute (WRI) und der Universität Maryland hervor, die zu globalen Umweltproblemen forschen. Trotz des Rückgangs sind nach Angaben der Institute weltweit immer noch 3,7 Millionen Hektar Wald durch Rodung und Brände verloren gegangen. Dies entspricht einem Verlust von zehn Fußballfeldern pro Minute.
Besonders im Amazonasregenwald wurde im vergangenen Jahr deutlich weniger Fläche gerodet. In Brasilien beispielsweise sank der Verlust an Waldflächen 2023 um rund 36 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Mit rund 1,1 Millionen Hektar wurde so wenig Wald abgeholzt wie seit 2015 nicht mehr. Im benachbarten Kolumbien wurde die Entwaldung 2023 im Vergleich zum Vorjahr sogar fast halbiert.
„Wir sind unglaublich stolz darauf, dass in Brasilien, insbesondere im Amazonasgebiet, so deutliche Fortschritte erzielt werden“, sagte Mariana Oliveira, Managerin des Programms für Wälder, Landnutzung und Landwirtschaft beim WRI in einer Pressemitteilung des Instituts.
In anderen tropischen Regenwäldern hat die Entwaldung im vergangenen Jahr hingegen zugenommen. So steht den Rückgängen in Brasilien und Kolumbien ein verstärkter Waldverlust in Indonesien und der Demokratischen Republik Kongo gegenüber. In beiden Ländern wurde in etwa 0,8 Millionen Hektar Wald gerodet. „Die Welt hat zwei Schritte vorwärts und zwei Schritte zurück gemacht, was den Waldverlust im vergangenen Jahr betrifft“, sagte Mikaela Weisse, Direktorin des Global Forest Watch Programms beim WRI.
Im vergangenen Jahr wurden rund neun Prozent weniger Regenwald abgeholzt als in den Vorjahren. Das geht aus aktuellen Satellitendaten der amerikanischen Denkfabrik World Resources Institute (WRI) und der Universität Maryland hervor, die zu globalen Umweltproblemen forschen. Trotz des Rückgangs sind nach Angaben der Institute weltweit immer noch 3,7 Millionen Hektar Wald durch Rodung und Brände verloren gegangen. Dies entspricht einem Verlust von zehn Fußballfeldern pro Minute.
Besonders im Amazonasregenwald wurde im vergangenen Jahr deutlich weniger Fläche gerodet. In Brasilien beispielsweise sank der Verlust an Waldflächen 2023 um rund 36 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Mit rund 1,1 Millionen Hektar wurde so wenig Wald abgeholzt wie seit 2015 nicht mehr. Im benachbarten Kolumbien wurde die Entwaldung 2023 im Vergleich zum Vorjahr sogar fast halbiert.
„Wir sind unglaublich stolz darauf, dass in Brasilien, insbesondere im Amazonasgebiet, so deutliche Fortschritte erzielt werden“, sagte Mariana Oliveira, Managerin des Programms für Wälder, Landnutzung und Landwirtschaft beim WRI in einer Pressemitteilung des Instituts.
In anderen tropischen Regenwäldern hat die Entwaldung im vergangenen Jahr hingegen zugenommen. So steht den Rückgängen in Brasilien und Kolumbien ein verstärkter Waldverlust in Indonesien und der Demokratischen Republik Kongo gegenüber. In beiden Ländern wurde in etwa 0,8 Millionen Hektar Wald gerodet. „Die Welt hat zwei Schritte vorwärts und zwei Schritte zurück gemacht, was den Waldverlust im vergangenen Jahr betrifft“, sagte Mikaela Weisse, Direktorin des Global Forest Watch Programms beim WRI.
Grund für den Verlust an Regenwald seien laut WRI nicht nur Rodungen, sondern auch Waldbrände. Laut den Forschern des WRI hat das Klimaphänomen El Niño 2023 in Indonesien für starke Trockenheit gesorgt, was die Ausbreitung von Waldbränden begünstigte. Auch außerhalb der Tropen ging 2023 durch Brände viel Waldfläche verloren. Im Vergleich zum Jahr 2022 sogar mehr als ein Fünftel. Haupttreiber war besonders die außerordentlich frühe und lang andauernde Waldbrandsaison in den borealen Nadelwäldern Kanadas. Nach Angaben der kanadischen Regierung verbrannten im vergangenen Jahr 16,5 Millionen Hektar Wald. Eine Fläche größer als Griechenland und mehr als doppelt so viel wie im bisherigen Rekordjahr 1989.
Mit einiger Sorge blicken die Forscher auch auf die Entwicklung im Kongobecken. Der dortige Regenwald zählt als letzte Kohlenstoffsenke der großen Tropenwälder, nimmt also mehr Kohlenstoff auf als das er Kohlenstoff abgibt. Für den südöstlichen Teil des Amazonasregenwaldes stellte eine Studie bereits 2021 fest, dass der Wald keine Kohlenstoffsenke mehr ist. Die aktuellen Daten der Forscher nun, dass der Waldverlust auch in der Demokratischen Republik Kongo seit Jahren zwar nur leicht, aber kontinuierlich ansteigt.
Mit einiger Sorge blicken die Forscher auch auf die Entwicklung im Kongobecken. Der dortige Regenwald zählt als letzte Kohlenstoffsenke der großen Tropenwälder, nimmt also mehr Kohlenstoff auf als das er Kohlenstoff abgibt. Für den südöstlichen Teil des Amazonasregenwaldes stellte eine Studie bereits 2021 fest, dass der Wald keine Kohlenstoffsenke mehr ist. Die aktuellen Daten der Forscher nun, dass der Waldverlust auch in der Demokratischen Republik Kongo seit Jahren zwar nur leicht, aber kontinuierlich ansteigt.
Mittelfristig rückt so auch das Ziel, den globalen Waldverlust bis 2030 zu beenden, in weite Ferne. Darauf hatten sich 145 Staaten auf der Weltklimakonferenz 2021 in Glasgow geeinigt. Wie die Ökologin Dolors Armenteras von der Universität Bogotá im Gespräch mit der Fachzeitschrift „Nature“ sagte, müsse die Entwaldungsrate jetzt um mehr als zehn Prozent pro Jahr sinken, um das 2030-Ziel noch zu erreichen.
Es bedürfe einer stärkeren internationalen Zusammenarbeit und mehr finanzieller Anreize, so Armenteras. „Uns läuft die Zeit davon, und wir stehen möglicherweise am Wendepunkt irreversibler Veränderungen im Bereich der Tropenwälder, die uns alle betreffen werden, lokal, regional und global“, sagt Mikaela Weisse. Vielerorts könnten sich die tropischen Regenwälder dann in artenärmere Graslandschaften verwandeln, in denen deutlich weniger Wasser verdunstet. Global könnte das den Wasserkreislauf nachhaltig verändern und dafür sorgen, dass auch an anderen Stellen weniger Niederschlag fällt.
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Oliver Schlömer
Extremwetter bietet Chance für erneuerbare Energien: Das vergangene Jahr war ein gutes Jahr für die Stromerzeugung aus Windkraft und Photovoltaik in Deutschland. Zu dieser Einschätzung kommt der Deutsche Wetterdienst (DWD) nach Auswertung von Daten und Modellierungen zur deutschlandweiten Windgeschwindigkeit und Globalstrahlung. So sei 2023 etwa das windreichste Jahr seit 2007 gewesen.
Besonders die Wintermonate Januar, November und Dezember waren laut DWD windreicher als die langjährigen Durchschnittswerte. In 100 Meter Höhe, der typischen Nabenhöhe eine Windkraftanlage an Land, lag die gemittelte Windgeschwindigkeit nach DWD-Angaben deutschlandweit bei sechs Meter pro Sekunde.
Auch für die Stromerzeugung über Photovoltaik war 2023 ein gutes Jahr. Besonders der sonnige September war laut DWD außergewöhnlich. Aber es gab auch Monate, die für die Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien unterdurchschnittlich waren: Der Januar etwa war der strahlungsschwächste Monat seit Messbeginn. Längerfristige Auswertungen des DWD zeigen aber, dass weniger Sonnenschein im Winter dadurch ausgeglichen werden kann, dass in manchen Monaten überdurchschnittlich viel Wind weht. Laut DWD sei die Energiegewinnung aus Erneuerbaren insgesamt somit weniger schwankend.
Zu einer ähnlichen Einschätzung kommt auch eine aktuelle Studie aus den Vereinigten Staaten. Wie die Forscher in ihrem Beitrag in der Fachzeitschrift Environmental Research Letters schreiben, könnte Strom aus Solar- und Windenergie dabei helfen, den gesteigerten Strombedarf bei langanhaltenden Hitzewellen oder Kaltlufteinbrüchen auszugleichen. Anders als in Deutschland kommt es in den USA bei solcher Witterung immer wieder zu einer Überlastung der Stromnetze und infolge zu Stromausfällen, da die Nachfrage für den Betrieb von Klimaanlagen und elektrischen Heizungen rapide steigt.
Besonders Potential sehen die Forscher für Stromerzeugung durch Photovoltaik. Infolge von lagestabilen Hochdruckgebieten scheint die Sonne oft wochenlang von einem wolkenlosen Himmel. Der Analyse der Forscher nach traten solche Wetterlagen seit 1981 in allen regionalen Netzregionen der USA auf. „Diese extremen Ereignisse werden so schnell nicht verschwinden“ sagt Hauptautorin Deepti Singh von der Universität Washington. „Solar- und Windenergie tragen auch dazu bei, ein dezentraleres Energiesystem zu schaffen. Sie können näher an den Gemeinden installiert werden, in denen sie genutzt werden.“ Neben dem Ausbau von Solar- und Windparks müsse aber auch die Widerstandsfähigkeit der Stromnetze gegen Wetterextreme gestärkt werden, betonen die Autoren.
Der Anteil von erneuerbaren Energien am Gesamtenergieverbrauch der USA lag 2022 bei 21, 5 Prozent. Bis 2050 soll das Stromnetz laut Deutsch-Amerikanischer Handelskammer ausschließlich mit erneuerbaren Energien betrieben werden.
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Straßen und Schienen schlecht auf Klimarisiken vorbereitet
Oliver Schlömer
Aufgeweichte Asphaltdecke einer Straße in Frankfurt. Foto: dpa
Europas Straßen und Schienen sind nur schlecht auf Klimarisiken vorbereitet: Durch den Klimawandel verstärktes Extremwetter wird die Straßen und Schienen Europas in Zukunft immer stärker zusetzen. Schon jetzt entstehen an den Verkehrswegen durch Hochwasser, Stürme und Hitzewellen Jahr für Jahr Schäden in Milliardenhöhe. Nach Einschätzung der Europäischen Umweltagentur (EUA) könnte sich die Schadenssumme bis zum Ende des Jahrhunderts jedoch noch verzwanzigfachen. Der Grund dafür ist dann besonders extreme Hitze, die den Straßenasphalt aufweicht und die Gleise auf Bahntrassen verbiegt. Prognosen nach werden Hitzewellen insbesondere in Mittel-, Ost- und Südeuropa häufiger auftreten und stärker ausfallen.
Dem EUA-Bericht nach fällt die Erwärmung in Europa bereits jetzt stärker aus als auf anderen bewohnten Kontinenten. Im Vergleich zum vorindustriellen Zeitraum hat sich das europäische Festland bereits um mehr als 2 Grad erwärmt. Fast doppelt so stark wie der globale Durchschnittswert. Die Erwärmung in Europa hat sich im vergangenen Jahrzehnt sogar noch beschleunigt. So war seit 2015 jeder Sommer wärmer als die langjährigen Vergleichswerte. Besonders herausstechen die Hitze- und Dürrejahre 2018 bis 2020 sowie das Jahr 2022. Allein 2022 starben in Italien, Frankreich, Spanien, Deutschland und Griechenland zwischen 60.000 und 70.000 Menschen an hitzebedingten Folgen.
Auch bei Einhaltung des Pariser Klimaziels gehen Modellierungen von einem Temperaturanstieg von beinahe 3 Grad in Europa aus. Sollten die globalen Treibhausgasemissionen nicht signifikant reduziert werden, könnte die Durchschnittstemperatur am Ende des Jahrhunderts um bis mehr als 8 Grad höher liegen als vor der Industrialisierung.
Das wird nicht ohne Folgen für die Infrastruktur bleiben. Aufgrund des Alters und des Zustands der europäischen Straßen und Schienen sieht der Bericht der Umweltagentur ein erhebliches Anpassungsdefizit. Die Instandhaltung sei die Achillesferse der Verkehrsinfrastruktur, eine Generalüberholung sei von Nöten. Zu einer ähnlichen Einschätzung kommt eine Studie in der Fachzeitschrift „Earth’s Future“. Die Autoren heben hervor, dass die Instandhaltung anders als in der Vergangenheit fortschrittlichere Technologien und Investitionen erfordern, was zusätzliche Kosten verursacht. Denn selbst wenn die weltweiten Bemühungen zur Emissionsreduzierung erfolgreich sind, sei eine zunehmende Belastung der Verkehrswege durch Extremwetter unvermeidlich.
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Lilly Bittner
Eine Demonstration von Fridays For Future in Berlin. Foto: dpa
Die Mehrheit ist bereit für mehr Klimaschutz: Wie viele Menschen Klimaschutzmaßnahmen unterstützen, wird weltweit unterschätzt. Das zeigt eine repräsentative Umfrage, die jüngst in der Fachzeitschrift „Nature Climate Change“ erschien. Rund zwei Drittel der Befragten gaben an, dass sie bereit wären, ein Prozent ihres monatlichen Einkommens für den Kampf gegen die globale Erderwärmung auszugeben. Dagegen schätzten nur 43 Prozent, dass ihre Mitmenschen bereit wären, dasselbe zu tun. Zudem gaben 86 Prozent der Befragten an, dass die Menschen in ihrem Land versuchen sollten, die globale Erderwärmung zu bekämpfen. 89 Prozent meinten, dass die nationale Regierung mehr tun sollte. An der Umfrage nahmen 13.000 Menschen aus 125 Ländern teil. Sie wurden zufällig ausgewählt und telefonisch oder persönlich befragt.
Die Befragten antworteten je nach Region unterschiedlich. Menschen in Ländern mit geringerem Bruttoinlandsprodukt und in Ländern mit höheren durchschnittlichen Temperaturen waren eher bereit, für Klimaschutz zu zahlen. Das könnte daran liegen, dass diese Länder tendenziell vulnerabler sind. So waren zum Beispiel in Nordamerika, in Japan, in Russland und im Vereinigten Königreich weniger als die Hälfte der Befragten bereit, ein Prozent ihres Einkommens auszugeben. Die Wissenschaftler fragten nach einem, weil die Kosten für die Eindämmung des Klimawandels so hoch geschätzt werden.
Die Studienautoren sehen in den Ergebnissen eine Wahrnehmungslücke. Wie viele Menschen den Klimaschutz unterstützen, werde unterschätzt. Dadurch seien Menschen weniger bereit, sich gegen die Erderwärmung einzusetzen. Denn frühere Studien zeigen, dass Menschen eher zum Gemeinwohl beitragen, wenn sie glauben, dass das auch andere tun. Deshalb raten die Wissenschaftler, Klimaschutz verstärkt als Interesse einer breiten Mehrheit dazustellen. Sie merken allerdings an, dass die Ergebnisse nicht als fester Wert dessen gewertet werden dürften, was die Bevölkerung bereit sei, für Klimaschutz zu bezahlen. Denn unklar bleibt, ob die Bevölkerung wirklich einen Teil ihres Einkommens ausgeben würde. Stattdessen solle man die Ergebnisse als einen Indikator verstehen. Der zeige, dass viele Menschen bereit seien, etwas zu opfern, um den Klimawandel zu bekämpfen.
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Lilly Bittner
Ein Gärtner bewässert ein Beet mit Grundwasser. Foto: Julian Stratenschulte/dpa
Das Grundwasser sinkt in weiten Teilen der Welt: Während vor Ort oftmals bekannt ist, wie schnell das Grundwasser sinkt, war das auf globaler Ebene bisher unklar. Deshalb wertete ein internationales Forscherteam Daten von über 170.000 Grundwassermessstellen aus mehr als 40 Ländern aus. Die Messungen erstreckten sich von 1980 bis 2022. Seine Ergebnisse veröffentlichte das Team jüngst in der Fachzeitschrift „Nature“. Demnach wird in vielen Teilen der Welt zu viel Grundwasser abgepumpt. „Wir waren nicht überrascht, dass der Grundwasserspiegel weltweit stark gesunken ist, aber wir waren schockiert, wie sehr sich das Tempo in den letzten zwei Jahrzehnten beschleunigt hat“, sagt Hansjörg Seybold, Physiker an der ETH Zürich und Mitautor der Studie. Mehr als ein Drittel der Grundwassersysteme sanken zwischen 2000 und 2022 um mindestens 0,1 Meter pro Jahr. Zwölf Prozent gingen sogar um mehr als einen halben Meter zurück.
Besonders bedroht sind trockene Regionen mit viel Ackerfläche, wie Kalifornien, Spanien, Iran und Australien. Das liegt daran, dass Landwirte ihre Pflanzen dort vor allem mit Grundwasser bewässern müssen. Schätzungsweise 70 Prozent des entnommenen Grundwassers entfallen weltweit auf die Bewässerung. Hinzu kommt, dass es in den meisten Regionen, in denen das Grundwasser sinkt, immer weniger regnet. „Wenn die Grundwasserleiter in Halbwüsten und Wüsten einmal stark erschöpft sind, kann es Hunderte von Jahren dauern, bis sie sich wieder erholen“, sagt Scott Jasechko, Hauptautor der Studie. Gerade für Gemeinden in Trockengebieten ist das Grundwasser die einzige ganzjährig verfügbare Trinkwasserquelle. An Küsten besteht ein zusätzliches Risiko: Wenn das Grundwasser zu tief sinkt, kann Meerwasser in die Systeme eindringen. Dadurch versalzen die Brunnen, das Wasser ist also weder trinkbar, noch können Pflanzen damit bewässert werden. Und Bäume, deren Wurzeln bis in das Grundwasser hineinragen, sterben ab. An der amerikanischen Ostküste gibt es bereits ganze Geisterwälder, in denen kein einziger Baum mehr lebt.
Die Studie hat jedoch auch eine gute Nachricht: In der Hälfte der untersuchten Systeme sinkt der Grundwasserspiegel mittlerweile weniger schnell oder steigt wieder leicht an. Dort griffen lokale Behörden meist aktiv in die Grundwassersysteme ein. Politiker führten etwa Gebühren für das Abpumpen von Grundwasser ein. Oder sie reicherten Grundwasser kontrolliert an. Das Grundwasser wieder aufzufüllen, geht allerdings oft auf Kosten der Oberflächengewässer. Zudem steigen die sich erholenden Grundwasserspiegel viel langsamer, als die anderen sinken.
Die Studie hat jedoch auch eine gute Nachricht: In der Hälfte der untersuchten Systeme sinkt der Grundwasserspiegel mittlerweile weniger schnell oder steigt wieder leicht an. Dort griffen lokale Behörden meist aktiv in die Grundwassersysteme ein. Politiker führten etwa Gebühren für das Abpumpen von Grundwasser ein. Oder sie reicherten Grundwasser kontrolliert an. Das Grundwasser wieder aufzufüllen, geht allerdings oft auf Kosten der Oberflächengewässer. Zudem steigen die sich erholenden Grundwasserspiegel viel langsamer, als die anderen sinken.
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Lilly Bittner
Eine Muschel in einem Schutzgebiet im Mittelmeer. Foto: picture alliance / imageBROKER
Meeresschutzgebiete speichern CO₂: Bis 2030 soll ein Drittel der Ozeane unter Schutz stehen. Das beschlossen die Vereinten Nationen im Jahr 2022. Um das zu erreichen, plant etwa die australische Regierung, die Größe des Schutzgebietes „Macquarie Island Marine Park“ vor der Südostküste zu verdreifachen. Das würde der Fläche Spaniens entsprechen. So soll die Artenvielfalt geschützt und Meerestieren ein Raum gegeben werden, um sich zu regenerieren. Aber können Meeresschutzgebiete das überhaupt leisten?
Um diese Frage zu beantworten, analysierten Forscher Hunderte Studien, die über 240 Meeresschutzgebiete untersuchten. Die Ergebnisse erschienen in der Fachzeitschrift „One Earth“. Demnach helfen die Schutzgebiete den Ökosystemen, sich an den Klimawandel anzupassen. Denn die geschützten Gebiete sind artenreicher als andere Teile des Ozeans. Das macht es wahrscheinlicher, dass Ökosysteme auch dann noch funktionieren, wenn einige Arten aussterben. Zudem können sich Populationen in Schutzgebieten schneller erholen. Das kann auch der Fischerei helfen, da so wieder mehr Fische in den Meeren schwimmen. Schutzgebiete können also die Nahrungssicherheit für nahe gelegene Küstengebiete erhöhen. Eine Analyse für Südeuropa zeigt allerdings, dass sich Schutzgebiete hier negativ auf die Fischerei auswirken.
Hinzu kommt, dass auch die Kohlenstoffbindung in den Schutzgebieten höher ist, besonders in Seegraswiesen, Mangroven und in Gebieten, die nicht mit Schleppnetzen befischt werden. So können Meeresschutzgebiete auch dazu beitragen, den Klimawandel einzudämmen. Dafür muss das Schutzniveau allerdings sehr hoch sein, Fischfang also gänzlich verboten sein. In dem australischen Schutzgebiet soll es hingegen erlaubt sein, bestimmte Fische zu fangen. Zudem ist der Nutzen umso größer, je länger ein Gebiet geschützt ist. Denn Fischbestände benötigen Zeit, um sich zu erholen. Damit die CO₂-Speicherung innerhalb der Schutzgebiete einen globalen Nutzen hat, sollten diese zudem möglichst groß sein.
Hinzu kommt, dass auch die Kohlenstoffbindung in den Schutzgebieten höher ist, besonders in Seegraswiesen, Mangroven und in Gebieten, die nicht mit Schleppnetzen befischt werden. So können Meeresschutzgebiete auch dazu beitragen, den Klimawandel einzudämmen. Dafür muss das Schutzniveau allerdings sehr hoch sein, Fischfang also gänzlich verboten sein. In dem australischen Schutzgebiet soll es hingegen erlaubt sein, bestimmte Fische zu fangen. Zudem ist der Nutzen umso größer, je länger ein Gebiet geschützt ist. Denn Fischbestände benötigen Zeit, um sich zu erholen. Damit die CO₂-Speicherung innerhalb der Schutzgebiete einen globalen Nutzen hat, sollten diese zudem möglichst groß sein.
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Lilly Bittner
Eine trockene Weide in Hessen. . Foto: Frank Rumpenhorst/dpa
Graslandschaften besonders gefährdet vom Klimawandel: Graslandschaften bedecken mehr als 40 Prozent der weltweiten Landfläche. Trotzdem stehen ihre Funktionen als Kohlenstoffsenken oft im Schatten von der von Wäldern. Wiesen, Steppen und Savannen speichern zwar weniger als Wälder, aber immerhin fast ein Drittel des globalen Kohlenstoffbestands. Allerdings könnten sie besonders gefährdet vom Klimawandel sein, besonders Dürren setzen Graslandschaften zu. Wie sehr, war bisher jedoch unklar. Um diese Forschungslücke zu schließen, gründete sich das International Drought Experiment (IDE), ein Netzwerk aus zahlreichen Wissenschaftlern. Das IDE entwickelte eine Methode, um die Auswirkungen von extremer Dürre auf der ganzen Welt standardisiert zu messen. Im Januar veröffentlichte es seine ersten Ergebnisse in der Fachzeitschrift „Proceedings of the National Academy of Sciences“.
Demnach verringert eine extreme Dürre das Pflanzenwachstum auf Grasland im internationalen Schnitt um rund 38 Prozent – und damit mehr als bisher angenommen. Das bedeutet auch, dass die Graslandschaften weniger Kohlenstoff speichern. Zudem sinken die Ernteerträge, zum Beispiel für Tierfutter. Zu diesem Ergebnis kam das IDE, indem es über 100 Gras- und Buschlandschaften auf der Welt untersuchte. Die Ökologen installierten Dächer über den Flächen, die nur einen Teil des Regens durchließen. „Nach einem Jahr haben wir dann geerntet, also wirklich mit der Schere sämtliche Gräser und Kräuter abgeschnitten und die Ernte artspezifisch sortiert“, sagt Anke Jentsch, Ökologin an der Universität Bayreuth und Mitautorin der Studie. Die verglichen sie mit den Erträgen der Kontrollfelder ohne Dächer.
Demnach verringert eine extreme Dürre das Pflanzenwachstum auf Grasland im internationalen Schnitt um rund 38 Prozent – und damit mehr als bisher angenommen. Das bedeutet auch, dass die Graslandschaften weniger Kohlenstoff speichern. Zudem sinken die Ernteerträge, zum Beispiel für Tierfutter. Zu diesem Ergebnis kam das IDE, indem es über 100 Gras- und Buschlandschaften auf der Welt untersuchte. Die Ökologen installierten Dächer über den Flächen, die nur einen Teil des Regens durchließen. „Nach einem Jahr haben wir dann geerntet, also wirklich mit der Schere sämtliche Gräser und Kräuter abgeschnitten und die Ernte artspezifisch sortiert“, sagt Anke Jentsch, Ökologin an der Universität Bayreuth und Mitautorin der Studie. Die verglichen sie mit den Erträgen der Kontrollfelder ohne Dächer.
Die Studie zeigt zudem, dass nicht alle Grasländer der Welt gleich auf Dürre reagierten. Etwa 20 Prozent der Standorte produzierten nicht erheblich viel weniger Biomasse. Diese Standorte hatten gemein, dass sie artenreich und feuchter waren. Trockenes und artenarmes Grasland war hingegen am stärksten beeinträchtigt. Das zeige, dass zumindest mitteleuropäische Grasländer angesichts des Klimawandels nicht gefährdet sein müssten. Stattdessen können diese in den feuchteren Klimazonen widerstandsfähig sein, wenn man sie artenreich gestaltet. Denn meist vertrocknen die hochproduktiven Arten zuerst. Die anderen Arten stehen dann nicht mehr so stark unter Konkurrenz und können sich besser entfalten.
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