Die Klimaaktivistin Lisa Poettinger kämpft weiter um ihre Zulassung für das Lehramts-Referendariat. In einer Pressekonferenz am Freitag legten sie, ihre Anwältin und andere Mitstreiter dar, warum ihrer Meinung nach die Ankündigung des bayerischen Kultusministeriums nicht rechtens ist, sie nicht zu diesem Referendariat zuzulassen.
Poettinger, 28 Jahre alt, hat im vergangenen Jahr das Lehramtsstudium für die Fächer Englisch, Ethik und Deutsch als Zweitsprache mit dem ersten Staatsexamen abgeschlossen. Um als Lehrerin unterrichten zu dürfen, benötigt sie nun das zweite Staatsexamen – und dazu zwingend zuvor das Referendariat. Doch in einem Schreiben hat ihr das Kultusministerium mitgeteilt, dass geplant sei, sie nicht dazu zuzulassen. Begründet wird das mit Poettingers politischer Einstellung und ihren politischen Aktivitäten. Sie ist Mitglied der Linken, bezeichnet sich selbst als Marxistin und ist aktiv in der Klimaschutz-Bewegung.

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Die Angelegenheit ist nicht letztgültig entschieden – auch wenn Poettinger und ihre Unterstützer versuchen, diesen Eindruck zu erwecken. Es gibt ein Schreiben des Ministeriums vom vergangenen Herbst, in dem die Vorwürfe gegen sie aufgelistet sind und in dem sie aufgefordert wird, dazu Stellung zu nehmen. Das hat sie getan, hat aber noch keinen Bescheid mit der Entscheidung bekommen. Sollte das geschehen, stünde ihr das Rechtsmittel des Widerspruchs zu. Wenn der abgeschmettert wird, könnte sie dagegen vor dem Verwaltungsgericht klagen. Allerdings: Das Referendariat in Bayern beginnt bereits in zweieinhalb Wochen, am 17. Februar.
„Ich möchte wirklich gerne Lehrerin werden“, sagte Poettinger zu Beginn ihrer Pressekonferenz. Ohne zweites Staatsexamen sei das aber nicht möglich, dann gäbe es für sie nur „prekäre Anstellungen“, etwa als Aushilfslehrkraft. Auch der Zugang zu kommunalen oder privaten Schulen sei ihr verwehrt. Sie hatte in der Vergangenheit mehrfach betont, dass sie zwar Marxistin sei, aber trotzdem hinter dem deutschen Grundgesetz stehe.
Sollte Poettinger vor Gericht ziehen müssen, wird ihr Unterstützung von einer Gewerkschaft zugesichert
Poettingers Anwältin Adelheid Rupp, ehemals SPD-Landtagsabgeordnete, dann Landesvorsitzende der Linken, nannte ihre Mandantin einen Menschen, der Grundrechte und das Grundgesetz schützen wolle, zudem für Demokratie und Menschenrechte und gegen Rechtsradikalismus eintrete. Zum Vorwurf des Ministeriums, ihre Kapitalismuskritik sei nicht mit dem Grundgesetz zu vereinbaren, zitierte Rupp SPD-Papiere, in denen vom „demokratischen Sozialismus“ die Rede ist. Das Ministerium hatte zudem Poettingers Verwendung des Begriffs „Profitmaximierung“ moniert – dieser sei Bestandteil der „kommunistischen Begrifflichkeiten“ – ein Vorwurf, den Anwältin Rupp leicht widerlegen konnte, indem sie die Verwendung des Begriffs bei des Kommunismus unverdächtigen Wirtschaftswissenschaftlern zitierte. Rupps Fazit: „Demokratie und Kapitalismus sind nicht zwingend zusammengehörend“ – das sei die „wirtschaftspolitische Neutralität des Grundgesetzes“.

Weitere Unterstützer und Unterstützerinnen ergriffen das Wort für Poettinger: Charly Settie vom „Offenen antikapitalistischen Klimatreffen“ fand, dass der Versuch eines Berufsverbots für Lisa Poettinger eine Warnung an die Klimabewegung und alle Linken sei, jedoch: „Klimaschutz ist kein Verbrechen.“ Ruben Hagspiel als einer der Initiatoren eines Waldkindergartens, in dem Poettinger derzeit arbeitet, stellte sie als „engagierte und talentierte Erzieherin“ dar. Und Siri Schultze von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft gab bekannt, dass sie Lisa Poettinger Rechtsschutz gewähre für etwaige gerichtliche Auseinandersetzungen. Dass solche zu erwarten seien, machte Adelheid Rupp klar: „Wir warten auf den Bescheid und werden dann die notwendigen juristischen Schritte einleiten.“