Vorstoß der Union Energiekonzern EnBW hält Wiederinbetriebnahme von Atomkraftwerken für ausgeschlossen

Kernkraftwerk Neckarwestheim in der letzten Nacht, bevor es im April 2023 vom Netz ging
Foto: Arnulf Hettrich / IMAGODie Gedankenspiele geistern regelmäßig durch die Medien: Lässt sich Strom nicht doch günstiger und zuverlässiger mit Atomkraft erzeugen? Und würden AKW nicht helfen, den Ausstoß von Treibhausgasen zu verringern? Von der Union gibt es dazu gerade einen neuen Vorstoß. In einem Energie-Positionspapier fordert sie, im Falle einer Regierungsübernahme nach der Neuwahl im kommenden Jahr zu prüfen, ob und wie die vom Netz gegangenen Meiler wieder in Betrieb genommen werden können.
Eine deutliche Antwort kommt schon jetzt von einem AKW-Betreiber: Der Energiekonzern EnBW hält die Vorstöße der Union für eine Wiederinbetriebnahme seiner stillgelegten Atomkraftwerke für technisch ausgeschlossen. »Der Rückbau-Status unserer fünf Kernkraftwerke ist praktisch gesehen irreversibel«, sagte EnBW-Kernkraftchef Jörg Michels der »Augsburger Allgemeinen« von Dienstag . »Eine Diskussion über die weitere Nutzung der Kernkraft hat sich für uns vor diesem Hintergrund erledigt.« Das deutsche Atomgesetz sehe eindeutig vor, dass in den Reaktoren kein Strom mehr produziert werden dürfe, betonte Michels.
Für unrealistisch hält Michels auch einen Wiedereinstieg in die Atomkraft mit neuen Kraftwerken. »Wir glauben nicht, dass der Neubau von Kernkraftwerken in Deutschland eine Lösung der Fragen zu heutigen Problemstellungen der Energieversorgung wäre«, sagte Michels. Selbst bei optimaler Zusammenarbeit mit Politik und Behörden würde der Bau mehr als zehn Jahre dauern, erklärte er.
Nach einer Laufzeitverlängerung um wenige Monate wegen der Energiekrise als Folge des Ukraine-Kriegs waren die verbliebenen deutschen drei Atomkraftwerke im Frühjahr vergangenen Jahres abgestellt worden, darunter auch das EnBW-Kraftwerk Neckarwestheim II. Das Unternehmen hat dort nach eigenen Angaben mittlerweile wichtige Bauteile der Anlage demontiert.
Nach Fukushima wurde der Atomausstieg beschleunigt
Der Ausstieg aus der Atomkraft war in Deutschland 1998 von der rot-grünen Bundesregierung beschlossen worden. 2009 verlängerte die schwarz-gelbe Koalition unter Merkel dann die Laufzeiten der Kraftwerke deutlich. Als es 2011 zur Reaktorkatastrophe im japanischen Fukushima kam, folgte die Kehrtwende und der Ausstieg wurde deutlich beschleunigt.
Die letzten Kraftwerke wurden schließlich im Frühjahr 2023 abgeschaltet, nachdem die Ampelkoalition ihre Laufzeiten nochmal um einen kurzen Zeitraum verlängert hatte.
Gleichzeitig gehen viele Staaten in Europa einen anderen Weg: Einige planen neue Reaktoren (wie etwa die Niederlande, Polen und Tschechien), oder sie sind schon dabei neue Kraftwerke zu bauen (wie in Großbritannien, Frankreich oder Ungarn). Einige betreiben ihre alten Meiler doch länger als angekündigt (wie Belgien).
Einen Podcast zur Renaissance der Meiler finden Sie hier: Warum bauen alle plötzlich wieder Atomkraftwerke, Professor Hurtado?
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Artikels haben wir in einer interaktiven Karte gezeigt, welche Atompolitik die europäischen Staaten verfolgen. Da die Karte auf dem Stand vom Frühjahr 2023 war und nicht alle aktuellen Entwicklungen abbildete, haben wir sie entfernt.